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Nach katholischem Verständnis ist die Ehe ein Bund zwischen Frau und Mann, in dem sich die Eheleute vor Gott und der Kirche gegenseitig schenken und annehmen. Die Ehe ist von Gott eingesetzt als lebenslange und unauflösliche Gemeinschaft des Lebens und der Liebe. Von daher ist sie hingeordnet auf das Wohl der Eheleute und auf die Zeugung und Erziehung von Kindern.

Die Ehe zwischen zwei Getauften ist ein Sakrament. Durch die beiden Wesenseigenschaften Einheit und Unauflöslichkeit erhält die christliche Ehe im Hinblick auf das Sakrament eine besondere Festigkeit. Die Kirche orientiert sich dabei an der Weisung Jesu: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,6; Mk 10,9). Auf der Basis der Weisung Jesu formuliert das Gesetzbuch der katholischen Kirche (Codex Iuris Canonici = CIC) den Stellenwert der Ehe: „Die gültige und vollzogene Ehe zwischen Getauften kann durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden“ (can. 1141 CIC). Deshalb steht eine nach katholischem Verständnis gültig geschlossene Ehe auch nach deren ziviler Scheidung einer erneuten kirchlichen Heirat im Wege.

Eine kirchlich gültig geschlossene und vollzogene Ehe ist nach dem Gebot Jesu unauflösbar. Deshalb gibt es keine kirchliche Ehescheidung. Die Kirche kann jedoch, wenn eine Ehe zerbrochen ist, auf Antrag hin prüfen, ob in dieser Ehe von Anfang an etwas gefehlt hat, was aus kirchenrechtlicher Sicht für die Gültigkeit einer Ehe unverzichtbar ist.

Dies wäre z.B. dann der Fall, wenn

  • bei einem der Partner schon zum Zeitpunkt der kirchlichen Eheschließung der Ehewille eingeschränkt war
  • der Entschluss zur Heirat nicht in Freiheit bzw. unter Zwang getroffen wurde
  • wenn ein Partner nicht die Fähigkeit besaß, die mit der Ehe verbundene Verantwortung für Partner und Kinder einzugehen.

In einem Ehenichtigkeitsverfahren wird vor dem kirchlichen Gericht geprüft, ob die Ehe nach katholischem Verständnis gültig zustande gekommen ist. Nach sorgfältiger Prüfung kann das Diözesangericht am Ende dieses Verfahrens zur Feststellung gelangen, dass das Eheband von Anfang an nicht bestanden hat. Diese Feststellung nennt man Ehenichtigkeitserklärung bzw. Eheannullierung. Wenn nachgewiesen wird, dass die Ehe ungültig ist, steht der Weg offen für eine neue kirchliche Trauung.

Hier finden Sie eine Liste der Diözesangerichte in Deutschland

Damit eine kirchliche Ehe gültig geschlossen wird, bedarf es mehrerer Voraussetzungen:

  • Beide Partner müssen frei von Ehehindernissen sein, die einer Ehe im Wege stehen (z.B. Bindung durch eine frühere Ehe, durch Zölibat oder Ordensgelübde; zu enge Verwandtschaft)
  • zur Eheschließung muss die von der Kirche vorgeschriebene Form eingehalten werden (Formpflicht; z.B. kirchliche Vorschriften zu Trauungsort, Assistenz durch Priester bzw. Diakon, Anwesenheit von Zeugen)
  • beide Partner müssen uneingeschränkt den Willen (Konsens) erklären, diese Ehe im Sinn der Lehre der Kirche schließen zu wollen, also mit dem Wissen um die Einheit, Unauflöslichkeit, Sakramentalität und die Bereitschaft zu Kindern in der Ehe.

Die beiden oben zuerst angeführten Voraussetzungen, also das Vorliegen trennender Ehehindernisse und die Nichteinhaltung der Formpflicht, sind eher seltene Nichtigkeitsgründe.

Die häufigsten Gründe für die kirchliche Annullierung einer Ehe stellen die sogenannten Mängel im Ehewillen dar. Denn eine gültige Ehe kommt nur dann zustande, wenn jeder der beiden Partner nichts von dem ausschließt, was eine Ehe ausmacht und was sie bzw. er am Altar verspricht. Nach dem kirchlichen Gesetzbuch (Codex Iuris Canonici) kommt eine Ehe nicht gültig zustande, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung nachweislich einer dieser Gründe (d.h. Ehewillensmängel) vorliegt:

  • Durch einen oder beide Partner wird vor der Heirat bewusst die Unauflöslichkeit der Ehe abgelehnt (z.B. durch den bewussten Vorbehalt der Möglichkeit einer Scheidung).
  • Ein Partner will keine Kinder aus seiner Ehe.
  •  Ein Partner lehnt die Verpflichtung zur ehelichen Treue ab (z.B. durch die Tatsache, dass über die Eheschließung hinweg ein Verhältnis weitergeführt wird).
  •  Die Ehe wird nur zum Schein eingegangen (z.B. durch einen Heiratsschwindler, zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung).
  •  Ein Partner handelt aufgrund von Furcht und Zwang (z.B. wenn man von Dritten aufgrund einer Schwangerschaft zur Heirat gezwungen wird und das Eingehen einer Ehe als einziger Ausweg aus dieser Zwangslage erscheint).
  •  Ein Partner wurde durch Vortäuschung oder Verschweigen eines wichtigen Umstandes in seinem Heiratsentschluss manipuliert (z.B. in Wirklichkeit ist ein anderer Mann der Vater des erwarteten Kindes; existenzgefährdende hohe Schulden liegen vor; eine bekannte Zeugungsunfähigkeit wird verschwiegen).
  •  Ein Partner ist physisch und psychisch nicht in der Lage, eine verantwortliche Entscheidung zu treffen (Willenserklärung) und auch eine Ehe als dauernde Lebens- und Liebesgemeinschaft zu führen. Wer z.B. aufgrund der Neigung zur Homosexualität oder aufgrund einer psychischen Störung nicht in der Lage ist, eine Ehe als Lebensgemeinschaft auf Dauer zu führen, heiratet ungültig. Allerdings muss diese Störung zumindest latent zum Zeitpunkt der kirchlichen Heirat vorliegen. Ursachen der psychischen Eheführungsunfähigkeit können z.B. Suchterkrankungen (Alkohol, Drogen, Spielsucht), Psychopathien, psychosexuelle Störungen, Psychosen oder auch gravierende Reifungsdefizite sein.

Zuständig für ein Ehenichtigkeitsverfahren ist jeweils das Gericht der Diözese, in der die kirchliche Trauung stattgefunden hat oder in der einer der beiden Ehepartner wohnt. Auf Antrag eines der beiden Ehepartner prüft das diözesane Gericht in einem ordentlichen Verfahren (auf der Basis des Gesetzbuches der katholischen Kirche), ob die Ehe gültig eingegangen wurde bzw. ob sie aus einem bestimmtem Grund (siehe oben die Aufzählung möglicher Gründe) ungültig ist.

Das kirchliche Ehenichtigkeitsverfahren ist also kein Prozess, bei dem einer der beiden Partner „angeklagt“ wird; auch geht es nicht um die Schuldfrage für das Scheitern der Ehe. Vielmehr steht allein die Frage im Mittelpunkt, ob die Ehe zum Zeitpunkt der Eheschließung gültig geschlossen worden ist, also ob bei beiden Partnern bei der Heirat die objektiv notwendigen Voraussetzungen zur Eheschließung vorlagen.

Nachweis der Nichtigkeit der Eheschließung

Im Verfahren vor Gericht, das als nicht-öffentliches Verfahren geführt wird und bei dem die beiden Parteien bzw. Ehepartner die gleichen (Informations-)Rechte haben, muss die Nichtigkeit der Eheschließung durch einwandfreie Zeugenaussagen oder andere Beweismittel wie Urkunden, Briefe, Gutachten usw. zweifelsfrei nachgewiesen werden. Eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit aller Beteiligten gibt es in einem kirchlichen Ehenichtigkeitsverfahren nicht; es herrscht das Schriftlichkeitsprinzip.

Die Parteien und Zeugen werden unter Eid zu verschiedenen Terminen im diözesanen Gericht, bisweilen auch im Pfarramt ihres Wohnortes befragt; die Aussagen werden protokolliert und zu den Akten genommen.

Ausgehend von diesen beeideten Zeugenaussagen, ggf. durch Hinzuziehen weiterer Beweismittel sowie unter Berücksichtigung der Stellungnahme des sogenannten Bandverteidigers (ein vom Gericht bestellter „Ehebandverteidiger“, der nach Erhebung der Zeugenaussagen und Beweise Argumente für die Gültigkeit des Ehebandes sucht) erfolgt das Urteil über die (Un-)Gültigkeit der Eheschließung.

Hier finden Sie eine ausführliche Übersicht zum Ablauf eines Ehenichtigkeitsverfahrens

Soweit keine besonderen oder unvorhersehbaren Schwierigkeiten auftreten, dauert ein Ehenichtigkeitsverfahren bis zum Urteil in erster Instanz ca. zwölf Monate (verbindliche Zusagen können jedoch nicht gemacht werden). Die ggf. darauf folgende Entscheidung bei Gericht zweiter Instanz ist häufig innerhalb eines Jahres möglich.

Die Gerichtskosten, die immer die antragstellende Partei zu tragen hat, liegen beim Verfahren erster Instanz bei 200 €, in allen weiteren Instanzen bei je 100 €. Eine Ermäßigung oder ein Erlass der Gerichtskosten sind bei Nachweis der Bedürftigkeit möglich. Im Einzelfall können im Lauf des Verfahrens allerdings noch Kosten für besondere Auslagen hinzukommen, auf die in der Regel im Vorfeld hingewiesen wird (z.B. Übersetzungen, Fachgutachten, ggf. Gebühren ausländischer Gerichte).

Erst wenn die Nichtigkeit einer Ehe festgestellt und das Urteil nicht innerhalb von 15 Tagen nach der Bekanntgabe durch Berufung angefochten worden ist (vgl. die Verfahrensübersicht), können beide Partner unter den üblichen Voraussetzungen eine neue kirchliche Eheschließung eingehen. Es muss aber sichergestellt sein, dass sie nunmehr mit ausreichendem Ehewillen heiraten.

Sind aus der für nichtig erklärten Ehe Kinder hervorgegangen, so gelten und bleiben sie von Gesetzes wegen als ehelich. Die Nichtigerklärung einer Ehe durch die Kirche kann und möchte die gemeinsam verbrachte Zeit bzw. einen Teil der Lebensgeschichte der beiden Partner (und ggf. ihrer gemeinsamen Kinder) nicht auslöschen. Ein kirchliches Ehenichtigkeitsverfahren hat keine zivilrechtlichen Auswirkungen.

Neben dem Ehenichtigkeitsverfahren gibt es in zwei Fällen die Möglichkeit eines Verfahrens zur Eheauflösung: Wenn die Ehe geschlechtlich niemals vollzogen wurde oder wenn in einer gescheiterten Ehe wenigstens einer der Partner ungetauft und die Ehe somit nicht sakramental war.

Wenn Sie sich näher erkundigen möchten zu Fragen der Gültigkeit Ihrer Ehe, stehen Ihnen die Mitarbeiter des Bischöflichen Konsistoriums der Diözese Regensburg gerne zur Verfügung. In einem vertraulichen Beratungsgespräch, das selbstverständlich kostenlos und völlig unverbindlich ist, überlegen wir mit Ihnen gemeinsam Wege und Lösungsmöglichkeiten für Ihre Situation.

Bestehen Anhaltspunkte, die die Eröffnung eines kirchlichen Ehenichtigkeits- oder Auflösungsverfahrens angeraten erscheinen lassen, so sind wir Ihnen auch bei der Abfassung Ihres Antrags an das diözesane Gericht behilflich. Bitte wenden Sie sich zur Terminvereinbarung gerne an das Bischöfliche Konsistorium.