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Kaum ein Wort klingt in unseren Ohren so verheißungsvoll wie der Begriff der „Reform“. Doch in Verbindung mit der Kirche wird oft vom „Reformstau“ gesprochen und über die richtigen Strategien, Konzepte und Rezepte gerätselt, durch welche sich scheinbar wie von Zauberhand manche kritisch betrachteten Dinge und Phänomene innerhalb der Kirche zum Besseren wenden sollen.

Wie verträgt sich dieses eher soziologisch-politologische Reform-Verständnis mit einem wirklich christlichen Verständnis von Reform? Wie kann eine Reform der Kirche aussehen und gelingen?

Um eins vorweg zu nehmen: Die Kirche ist eindeutig pro Reform! Sie bezeichnet sich selbst sogar als „Ecclesia semper reformanda“  –  die Kirche ist eine stets zu erneuernde. Und in der Tat: Reform ist gut, Reform muss sein. Natürlich auch in der Kirche.

Was viele nicht wissen: Die eigentliche wortwörtliche Bedeutung von „Reform“ (lat. für re zurück; formatio: Gestaltung) ist „Wiederherstellung“. Jegliche christliche Erneuerung hat ihr Maß im Ursprung des Christlichen selbst. Das Christentum war und ist ein großes Erneuerungsgeschehen und bedeutet die „Wiederherstellung“ von Dingen, die im Laufe der Zeiten im Verhältnis des Menschen zu Gott verloren gegangen sind:

„In Jesus Christus, der gehorsam war bis zum Tod am Kreuz, ist der Ungehorsam des alten Adam gesühnt und der Weg zum neuen Menschsein in Christus – dem neuen Adam – eröffnet. Es ist der Übergang  vom alten zum neuen Menschen, von der Selbstsucht zur Liebe; vom Menschen, wie er nun einmal ist, zu dem Menschen, wie er einmal und für immer werden soll.“ (Bischof Rudolf Voderholzer)

Der Mensch erkennt, dass er nicht um sich selbst kreisen und sich für den Nabel der Welt halten muss. Er darf sich vielmehr in Liebe Gott und seinen Mitmenschen gegenüber öffnen und jeden als seinen Nächsten betrachten. Der „Neue Bund“ tritt an die Stelle des „Alten Bundes“, die Kirche wird zum „neuen Israel“ und das Christentum selbst zum „neuen Weg“ (Apg  19, 23) – so zumindest bezeichneten es die frühen Christen in der Bibel selbst.

Aber worin genau besteht das Gelingen für eine wirkliche Erneuerung der Kirche?

  • Wahre christliche Erneuerung beginnt zunächst einmal bei sich selbst. Mutter Teresa wurde einmal gefragt, was sich an der Kirche ändern müsse. Da antwortete sie: "Sie und ich!" Das heißt: Immer bei sich selbst anfangen. Reformfähig- und freudig bleiben. Bereit sein, sich selbst immer wieder mithilfe des Gebets, der Sakramente und des Dienstes am Nächsten im Glauben zu erneuern und vermeintlich sicheres eigenes Glaubenswissen infrage zu stellen.
  • Christliche und kirchliche Erneuerung hat ihr Maß in Jesus Christus selbst. Alles wahrhaft Christliche wird deshalb immer mit ihm in Beziehung stehen müssen - eine Reform der Kirche muss immer als "jesuanisch" erkennbar sein, da es nicht "unsere" Kirche ist um die es geht, sondern "seine" Kirche.
  • Eine Reform der Kirche muss immer im Einklang mit den überlieferten Glaubensinhalten der Kirche stehen - also mit dem, was immerschon geglaubt worden ist. Denn im Sinne einer "Wiederherstellung" kann eine Reform nur dann erfolgreich sein, wenn sie das, wasimmer schon vorhanden war, nun noch besser zum Vorschein bringt.

„Ich träume von einer Kirche als Mutter und als Hirtin. Die Diener der Kirche müssen barmherzig sein, sich der Menschen annehmen, sie begleiten – wie der gute Samariter, der seinen Nächsten wäscht, reinigt, aufhebt. Das ist pures Evangelium. Gott ist größer als die Sünde. Die organisatorischen und strukturellen Reformen sind sekundär, sie kommen danach. Die erste Reform muss die der Einstellung sein. Die Diener des Evangeliums müssen in der Lage sein, die Herzen der Menschen zu erwärmen, in der Nacht mit ihnen zu gehen. Sie müssen ein Gespräch führen und in die Nacht hinabsteigen können, in ihr Dunkel, ohne sich zu verlieren. Das Volk Gottes will Hirten und nicht Funktionäre oder Staatskleriker. Die Bischöfe speziell müssen Menschen sein, die geduldig die Schritte Gottes mit seinem Volk unterstützen können, so dass niemand zurückbleibt. Sie müssen die Herde auch begleiten können, die weiß, wie man neue Wege geht.“ (Papst Franziskus, Interview mit Antonio Spadaro SJ, 21. September 2013)