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Augen öffnen für die geöffneten Augen – Bischof Voderholzer sprach im Akademischen Forum Albertus Magnus

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Am Mittwochabend hat Bischof Dr. Rudolf Voderholzer im Akademischen Forum Albertus Magnus gesprochen. Das Thema bei der überfüllten Veranstaltung im Kaisersaal am Haidplatz in Regensburg lautete „Im Kreuz ist Heil“. Geboten war ein ikonographischer Vortrag zur Darstellung des Gekreuzigten. Als maßgeblicher Hintergrund der Ausführungen des Bischofs von Regensburg erwies sich rasch das Kriterium der Göttlichkeit bzw. Menschlichkeit Christi, das sich in der Publikation Kardinal Aloys Grillmeiers (1910-1998) mit dem Titel „Der Logos am Kreuz“ ausdrückt. Der Jesuit stammte aus Pechbrunn im Bistum Regensburg.

Der Vortrag des Bischofs war nicht eigentlich politisch zu verstehen und als solcher auch nicht beabsichtigt. Aber die Inhalte sind im Gesamtzusammenhang des bayerischen Kreuzeserlasses des vergangenen Sommers zu sehen. Dr. Voderholzer sagte, es gelte heute „sehr sensibel“ zu sein, was das Kreuz betrifft. Lustig gemeinten und mehr oder weniger ironisch-unterhaltsamen Ausführungen in Medien im Sinne politisierender Thematisierungen diverser Formen von Kruzifixen hielt der Dogmatiker ihre ausgeprägte Flachheit entgegen: „Es geht bei der Kreuzesdarstellung doch nicht hauptsächlich um das Zeigen nackter Männerleichname.“ Eine solche Eindimensionalität qualifizierte der Bischof von Regensburg als „unerleuchtete Aussagen“.

Dreh- und Angelpunkt der Ausführungen des Bischofs, der lange Jahre Dogmatik lehrte, waren die geöffneten Augen Christi in Kreuzesdarstellungen. Voraus ging die Einordnung der Kreuzesdarstellungen überhaupt in den kunstgeschichtlichen Zusammenhang. Vor dem 5. Jahrhundert sind keine solchen im christlichen Zusammenhang bekannt. Vielmehr wird Christus, an antiken Vorbildern und Formen anknüpfend, als guter Hirte, Lehrer und der wahre Philosoph gezeigt. Christus und das Kreuz haben sich demnach in ikonographischer Hinsicht erst langsam angenähert.

Die im Osten undenkbare Darstellung Christi mit geöffneten Augen wird als Zeichen des Lebens gedeutet. Die geöffneten Augen gelten den Ausführungen des Bischofs gemäß als Einladung, mit Christus in einen Gebetsdialog einzutreten. Somit erweist sich Christus als ansprechbar. Dies geht dann allerdings noch erheblich weiter – denn außerdem bringt es diese Tradition mit sich, dass der Beschauer des Kreuzes sogar einen Auftrag empfängt. Bekanntes Beispiel dafür ist der heilige Franziskus, der den Auftrag erhielt, die Kirche wiederaufzubauen. In der Folge selbst wurde Franziskus, wie die Wundmale Christi an seinem Körper zeigen, in die unmittelbare Christusnachfolge genommen. Das Kreuz von San Damiano, wo dem Heiligen der Auftrag zuteil wurde, tritt durch die sehr deutlich geöffneten Augen hervor.

Auf der dogmatischen Ebene ordnete der Bischof die Darstellung der geöffneten Augen mit den Gedanken Kardinal Grillmeiers ein: Während Jesus als Mensch am Kreuze stirbt, bringt der mit geöffneten Augen wachende Christus die Gottheit des Gekreuzigten zum Ausdruck, der in seiner Gottheit wachend beim Vater weilt. Dahinter zeigt sich obendrein ein eminent symbolischer Zusammenhang, insofern Christus in einer komplexen allegorischen Deutung gemäß dem Physiologus als der Löwe (von Juda) vorgestellt wird. Der Löwe aber wird in diesem Verzeichnis tierischer Merkmale und Attribute als das Tier bezeichnet, dessen Augen im Schlafe weiter wachen. Ein solches Attribut ist ein sehr aussagekräftiges Element in einer Geschichte der Kreuzesdarstellungen aus kunstgeschichtlicher Perspektive, die sich vom Symbolismus hin zum Realismus entwickelt. Höhepunkt dieser Historie sind dann Darstellungen, die auf sublimste Weise starke symbolische Aspekte grundlegender Glaubenszusammenhänge mit durchaus krud-realistischen Formen vereinen: Angesprochen ist konkret der Isenheimer Altar Matthias Grünewalds.

Zu Beginn des Abends hatte Prof. Dr. Sigmund Bonk eine kosmologisch anmutende bzw. verankerte Deutung des Kreuzes als Logo gegeben, dem entgegen sich der Kreis als bestechende Einfachheit, Eleganz und Schönheit auszeichnet. Das Kreuz deutete Prof. Bonk, Direktor des Akademischen Forums, als eine höhere Synthese der Gegensätze, indem er sich auf Hegel bezog.

Die Mitte bilde hier Jesus Christus. Die Ähnlichkeit des Kreuzes mit der Grundform der menschlichen Gestalt erinnere zudem nicht wenig an die Humanität des Christentums, sagte der Philosoph und profunde Kenner und Deuter der Kunstgeschichte. Dementgegen wiederum steht im Zentrum des Kreises das Nichts. Bei politischen Diskussionen um das Kreuz scheint die grundlegende Frage mitzuschwingen, ob wir am Kreuz festhalten wollen oder den Kreis an dessen Stelle setzen wollten. Der Kreis nämlich sei ohne Anfang und Ende und verweise auf die unendliche Allnatur, sagte Prof. Bonk.



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