News Bild Das Gebet als Beziehungspflege – Direktor Gerhard Pöpperl über die Offenheit für Berufungen

Das Gebet als Beziehungspflege – Direktor Gerhard Pöpperl über die Offenheit für Berufungen

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Bischof Dr. Rudolf Voderholzer hat bei der Einladung zur derzeit laufenden Wolfgangswoche zum Ausdruck gebracht, dass sie vor allem eine Woche des Gebets ist. Sie wird noch bis kommenden Samstag, 27. Juni, begangen. Mit Blick auf das Gebet haben wir mit Direktor Gerhard Pöpperl gesprochen. Er ist Direktor der Diözesanstelle Berufungspastoral und Präfekt im Priesterseminar St. Wolfgang Regensburg. Was vermag das Gebet? Was ist zu tun, wenn es sich nicht in dem Sinne erfüllt, wie wir dies gerne hätten? Solche und weiterie Fragen stellte Dr. Veit Neumann, Redakteur der Bischöflichen Presse- und Medienabteilung Regensburg. Weitere Interviews werden demnächst folgen, u.a. mit Ruth Aigner, der Leiterin der Fachstelle Weltkirche im Bistum. Zunächst nun die Aussagen von Direktor Pöpperl zum Thema des Betens um geistliche Berufungen.

 

Sehr geehrter Herr Direktor Pöpperl, nützt ein Gebet um Berufungen etwas?

(Schmunzelt) Es stellt sich die Frage, was man sich davon erwartet. Viele wünschen sich einen direkten Zusammenhang: Von der „Menge an Gebet“ soll auch eine „Menge an Berufung“ herauskommen, am besten noch gleich ortsgebunden. Wenn eine Pfarrei intensiv um Berufungen betet, ist dies öfter mit dem Wunsch verbunden, dass gerade bei ihnen diese Berufungen hervorgehen. Einen direkten Zusammenhang zu erwarten ist vielleicht etwas kurz gegriffen, aber auch nicht ganz abwegig. Wo viel um Berufungen gebetet wird, ist nämlich auch die Offenheit für Berufung größer – und die Bereitschaft, Berufungen zu fördern. Also, ich würde sagen: Wir müssen das Gebet im gesamtkirchlichen Zusammenhang sehen. Der Herr beruft. Wir machen die Berufungen nicht durch unser Gebet. Wir bereiten den Boden, dass der Ruf gehört wird.

 

Sie sprechen von einer „Offenheit für Berufung“. Wie läuft es, wenn Berufung konkret wird?

Man mag Berufung schätzen. Aber erfahrungsgemäß sieht es manchmal etwas anders aus, wenn es konkret wird. Schon wenn man fragt „Wären Sie glücklich, wenn Ihr einziger Enkel Pfarrer werden möchte?“, zeigen sich rasch Unterschiede: Nein, mein Enkel nicht, der soll ja die Familie weiterführen. Aber „so generell“ wäre es „schon schön“...

 

Beten Frauen intensiver? In der Gebetsgemeinschaft für Berufe der Kirche, der Sie vorstehen, sind viele Frauen versammelt.

Das hat sich seit der Gründung der Gebetsgemeinschaft durchgetragen: Sie ist als Frauenhilfswerk für Priester gegründet worden. In diesem ursprünglichen Verein waren nur Frauen Mitglieder. Das hat sich über die Jahrzehnte geweitet. Man betet für geistliche Berufungen im allgemeinen. Es dürfen auch Männer beten. Nur ist es faktisch so, dass in unserer Gebetsgemeinschaft der Großteil Beterinnen sind. Die Art, in der wir um Berufungen beten, ist bei Frauen definitiv verbreiteter.

 

Haben Frauen eine intensivere Beziehung, zum Gebet, zu Gott?

Sie nennen ein gutes Stichwort: Beziehung. Dass Frauen einen leichteren Zugang zum Gebet finden als Männer, das wundert mich nicht. Frauen sind eher der „Beziehungstyp“, wenn ich es hier einmal in dieser umfassenden Kategorie sagen darf. Und Gebet ist ein Werk der Beziehung, der Beziehung zu Gott. Gebet ist somit ein Werk der Beziehungspflege.

 

Wie sollen wir damit umgehen, dass das Gebet nicht immer in Erfüllung geht, so wie wir es uns eigentlich vorstellen würden?

Ein Gebet ist kein Handelsdisput. Wenn wir beten, beten wir mit Gott als unserem Vater oder unserem Bruder. Wenige beten direkt zum Geist, zu dem wir allerdings ja auch beten, wenn wir sagen: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Aber nie beten wir zu einem „Dienstleister“. Wenn ich mein Gebet beginne und an Gott richte, ist es gut, dass ich es in dem Bewusstsein tue, dass es ein Gespräch mit einem Vertrauten und kein Handel mit einem Händler ist. Bei einem guten Gespräch muss man immer das Gegenüber berücksichtigen. Man geht davon aus, dass auch der andere etwas zu sagen hat. Vielleicht möchte er ja das Gespräch in eine andere Richtung lenken, vielleicht in eine Richtung, die ich mir nicht gewünscht habe. Vielleicht kommt auch eine Gegenfrage. Wenn ich zum Herrgott sage: „Lieber Gott, wie schaut es denn aus? Kannst Du nicht für unsere Pfarrei einen ,gscheiten‛ Priester schicken, das wäre schön“, sollte der Beter für die „Antwort“ offen sein: „Ja, wenn ich aber einer anderen Pfarrei jemanden schicken möchte, der einen Priester dringender benötigt – bist Du dafür auch offen? Bist Du selber offen, Dich mit dem einzubringen, was Du hast, auch wenn Du nicht Priester wirst, sondern etwas anderes? Vielleicht braucht es erst einmal einen guten Vater und eine gute Mutter, die den Nährboden legen, aus dem ein guter Priester erwächst?“ Es ist die Weite, nicht nur um und für das zu beten, was ich am offensichtlichsten brauche, sondern für das, was dazugehört. Zum Gebet um Berufungen gehört das Gebet um gute christliche Familien und gute christliche Eheleute, gute Lehrer und Lehrerinnen, gute pastorale Mitarbeiter. Das gehört alles zusammen. Wo man das Gebet zu sehr in die Enge führt, wird es, denke ich, weniger fruchten.

 

 

 

Wenn das Gebet also nichts Funktionales ist, wie kann man es dann lehren? Was unsere pädagogischen Maßstäbe betrifft, sind wir gewöhnt, jeweils etwas zu machen, „weil“ ...

Man kann beten nicht lernen wie man in der Schule die Inhalte eines Mathematik- oder Biologielehrplans lernt, weil beten mit dem Individuum zusammenhängt. Der eine kann besser in der Stille beten. Der andere braucht vorgefertigte Worte, weil er selber nicht so gut Worte bilden kann. Der nächste tut sich wunderbar einfach, sich von der Seele zu reden, was da ist. Und wieder jemand betet am besten durch die Musik. Eine gute Art, beten zu lernen, ist es, mit jemand anderem gemeinsam zu beten. Das kann in der Familie geschehen. Ich zum Beispiel habe das Beten mit meiner Großmutter gelernt, die mich zum Beten mitgenommen und mir ihre Art zu beten gezeigt hat. Damit habe ich angefangen. Als ich Ministrant war, habe ich von meinen Gruppenleiterinnen eine andere Form von Gebet gelernt, von unserem Kirchenmusiker wieder eine andere Form. Unter all diesen Formen habe ich meine Form zu beten, die zu mir passt, entdeckt. Hätte ich mich alleine hingesetzt und ein Buch in die Hand genommen, in dem die Anleitung zum Rosenkranz steht – ich hätte nie beten gelernt. Es wäre mir nie bewusst geworden, dass das Gebet nicht einfach ein Ritual ist, sondern ein Beziehungsgeschehen.

 

Was ist Ihr Lieblingsgebet?

Ein Lieblingsgebet, das ohne Worte auskommt, ist mein Wecker aus dem Handy. Als Melodie spielt er: Jesus bleibet meine Freude. Davon werde ich am Morgen geweckt. Aber es ist noch mehr: Ich stimme in diesen ersten Gedanken gleich in der Frühe ein, sodass mein Tag mit der Freude über Jesus beginnt. Das ist eines meiner Lieblingsgebete. Bei einem glücklichen Ehepaar ist es vielleicht so: Der erste Blick fällt beim Erwachen des einen womöglich auf den noch schlafenden Partner. Ähnlich ist es in meinem Fall: Ich freue mich, dass ER als erster immer schon da ist.



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