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Durch das Kirchenjahr: Autopanne

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… mit Benedikt:

 

15. Sonntag im Jahreskreis – Lukas 10,25-37

Möglicherweise kennen Sie das: Man fährt auf der Autobahn und auf dem Standstreifen steht ein anderer Wagen. Man fährt daran vorbei, etwas vorsichtiger und langsamer, vielleicht wechselt man sogar die Fahrspur. Anhalten? Das macht kaum jemand. Dabei weiß man ja gar nicht, was dem Fahrer dieses Autos fehlt. Streikt der Motor? Ist ein Reifen geplatzt? Braucht er vielleicht Hilfe, jemanden, der wenigstens mit seinem Handy den Pannendienst rufen könnte? Anhalten? Das macht trotzdem kaum jemand.

Auch im Evangelium dieses Sonntags hält kaum einer an. Ein Schriftgelehrter will „Jesus auf die Probe stellen“ und fragt: Was muss man eigentlich tun, um in das Himmelreich zu kommen? Eine geschickte Frage, denn einfach dürfte die Antwort ja wohl kaum ausfallen. Dieser Schriftgelehrte will Jesus vielleicht gar nicht im bösen Sinn auf die Probe stellen; möglicherweise will er einfach nur wissen, was dieser Lehrer aus Galiläa denkt, was er kann. Jesus aber spielt den Ball zurück. Ja, was denkt denn der Schriftgelehrte, dass das Gesetz zu dieser Frage sagt? „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und einer ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst.“

Frage beantwortet? Nein. Denn: Was heißt denn schon den Nächsten lieben wie sich selbst? Ist jeder Mensch mein Nächster? Dann müsste ich ja alle Menschen lieben – unmöglich. Jesus beantwortet die Frage mit einer Erzählung, mit einer der berühmtesten Erzählungen der Heiligen Schrift. Ein Mann war auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho, auf einem Weg, der gefährlich war – es gab viele Räuber und genau denen fällt der Mann zum Opfer. Er bleibt beraubt halb tot auf dem Weg liegen. Und nun kommen Menschen vorbei: Den Priester kümmert das Schicksal des Sterbenden nicht; er zieht weiter. Auch den Leviten lässt die Situation kalt; er zieht ebenso weiter.

Dann kommt ein Samariter des Weges. Die Samariter stützen sich auf ähnliche Schriften wie das Volk Israel, haben aber einen eigenen Kult und mit dem Garizim auch einen eigenen heiligen Berg. Sie stehen in Konkurrenz zu den Juden. Der Samariter kommt vorbei und könnte mit einiger Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass ihm in der Situation gerade nicht geholfen würde, da er doch ein Fremder ist, ein Anhänger der gegnerischer Religion. Gerade er aber lässt sich vom Anblick des Geschlagenen am Wegesrand rühren. Er ist es, der sich um ihn kümmert, seine Wunden notdürftig versorgt und ihn zur weiteren Pflege einem Wirt übergibt.

Dieser Mann aus Samaria sah im überfallenen Reisenden seinen Nächsten – als einziger. Und diese Erzählung beantwortet auch von selbst die Jesus gestellte Frage: Wer ist mein Nächster? Kann man denn jeden Menschen lieben? Ja, meint Jesus und geht sogar noch einen Schritt weiter: Unseren Nächsten erblicken wir gerade in den Menschen, mit denen wir verfeindet sind und von denen wir uns möglicherweise keine Hilfe erwarten dürften. Die Ethik, die Jesus verkündet, sprengt die Grenzen unseres Denkens und unserer Kategorisierung in Freund und Feind, Gegner und Verbündete. Wer am Wegesrand liegen bliebt, braucht Hilfe. Da sind wir Christen gerufen – vor zweitausend Jahren auf dem Weg zwischen Jerusalem und Jericho. Und heute auf der Autobahn.



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