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Durch das Kirchenjahr: Christus hat keine Hände

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… mit Benedikt

 

Zweiter Adventssonntag - Lk 3,1-6

So langsam wird es weihnachtlich. Wir schmücken Wohnungen, verteilen Tannenzweige in den Räumen und holen vielleicht schon die Krippe aus dem Keller und bauen die ersten Figuren auf. Plätzchenduft steigt aus dem Backofen. Wir bereiten uns auf Weihnachten vor – nur: Was bedeutet das denn eigentlich? Uns auf Weihnachten vorbereiten?

Davon spricht das Evangelium des zweiten Adventssonntags. Dort ist die Rede von Johannes dem Täufer und seiner Predigt in der Wüste. „Bereitet den Weg dem Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden.“ Das ruft Johannes den vielen Menschen, die den mühsamen und beschwerlichen Weg zu ihm auf sich nehmen. Bereitet den Weg! Diese Aufforderung kann man auf zweifache Weise verstehen. Wir lesen und hören diesen Text ja bewusst in den Wochen vor Weihnachten – und lesen ihn damit auch auf dieses Ereignis hin. Christen feiern an Weihnachten, dass das Wort Gottes Fleisch annimmt, Mensch wird. Also können wir die Aufforderung, den Weg zu bereiten, als ganz persönliche Ermahnung lesen.

Der Advent ist eine Zeit der Vorbereitung, in der man wieder geraderücken kann, was schief läuft im Leben. Man kann auf die kleinen Fehler schauen und auf die großen, und aufs Neue versuchen, ein besserer Mensch zu werden. Wir können die Aufforderung des Täufers aber auch kollektiv verstehen, als Aufforderung an alle Christen. Als Gemeinschaft der Gläubigen sollen wir dem Herrn den Weg bereiten. Wir sollen Berge abtragen, Täler auffüllen – und damit alle Hindernisse zu Gott beseitigen.

Das Christentum ist die Religion der Inkarnation. Das bedeutet: Gott macht radikal Ernst mit seiner Aussage, wirklich bei den Menschen zu sein. Er geht soweit, seinen Sohn Fleisch werden zu lassen. Das heißt auch, dass sich Gott auf die Geschichte einlässt. Der göttliche Logos tritt aus der Ewigkeit heraus in die Zeitlichkeit. Dieses Geschehen kommt nie zu einem Ende. Immer wieder bietet sich Gott den Menschen an. Sein Angebot ist die Freundschaft mit ihm. Doch: Wie kommt Gott zu den Menschen?

Ein Gebet aus dem vierten Jahrhundert formuliert: „Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit zu tun. Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen.“ Wir Christen sind „Handlanger“ Gottes. Er bedient sich unser, um seine Ziele zu verfolgen. Welche Ehre! Im Evangelium des zweiten Adventssonntags gibt es eine interessante Passage. Der Evangelist Lukas ordnet den Beginn der Predigt des Johannes zeitlich ein. Damals benutzte man keine Jahreszahlen, wie wir das heute tun. Man rechnete vielmehr in Ereignissen, die weltgeschichtliche Bedeutung hatten. In Olympiaden etwa, oder in Regierungsjahren von Herrschern. So setzt auch Lukas ein: „Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius“. Das allein würde für eine präzise zeitliche Angabe schon reichen. Aber Lukas gibt noch weitere Daten an: Er nennt den Statthalter Pilatus und die lokalen Herrscher in Israel. Eigentlich überflüssig. Damit aber unterstreicht Lukas, dass das Geschehen seines Evangeliums die ganze Welt angeht – von Rom bis Jerusalem.

Das Evangelium geht alle Menschen an – aber es muss auch zu den Menschen kommen. Die Hindernisse zu Gott müssen beseitigt, die Berge abgetragen werden. Das ist die Aufgabe aller Christen. Unsere Frage muss immer sein: Wo wird Gott gebraucht? Nun, eigentlich natürlich überall. Aber an bestimmten Orten ganz besonders. Gott wird gebraucht, wo das Leben mit Füßen getreten wird. Er wird in der Armut gebraucht und im Leid. Was ist Armut, was ist Leid? Darauf kann es keine statische Antwort geben. Es ist unsere Aufgabe, zu suchen, wo Gott gebraucht wird, weil Menschen leiden. Das anonyme Gebet aus dem vierten Jahrhundert geht nämlich noch weiter: „Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.“ Diesen Blick auf die Armen auszubilden – das ist die richtige Vorbereitung auf Weihnachten.



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