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Durch das Kirchenjahr: Und jetzt?

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… mit Benedikt:

 

Sechster Sonntag der Osterzeit – Johannes 14,23-29

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Ein Schlager moderner Kirchenlieder, könnte man sagen. Die Aussage ist eigentlich so einfach: Sobald zwei oder drei zusammenkommen im Namen Jesu, ist er schon gegenwärtig. Sehen kann man ihn nicht, seine Anwesenheit anderen auch nicht beweisen – aber er ist da. Ein schöner Gedanke, nur: Wäre es uns nicht eigentlich lieber, Jesus wäre dageblieben, immer noch mit den Sinnen greifbar unter uns?

Im Evangelium dieses Sonntags sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.“ Jesus verspricht in seinen Abschiedsreden vor Gefangennahme, Tod und Leid das Kommen eines Beistands, den der Vater senden wird: Der heilige Geist.

Was Jesus zu seinen Jüngern sagt, hört sich beinahe schon nach einer Beerdigungsszenerie an. Auch dort glauben und hoffen viele Hinterbliebene, der Verstorbene werde es im Himmel besser haben. Auch dort könnte man sagen: Wir freuen uns für den Verstorbenen; er ist jetzt beim Vater und „der Vater ist größer als ich.“ Das sagt man dann tatsächlich am offenen Grab vielleicht auch – aber wäre es uns in diesen Situationen nicht trotzdem lieber, der Tote würde noch leben und weiter bei uns sein?

Jesus geht. Seine physisch wahrnehmbare Gegenwart endet. Man kann Jesus bei Streitigkeiten in den Gemeinden oder bei theologischen Auseinandersetzungen nicht mehr nach seiner Antwort fragen. Die klassische Frage „Was würde Jesus tun?“ muss im Status der Hypothese bleiben; wir können zwar fragen, was er tun würde, wissen können wir es aber nicht.

Und trotzdem bleibt der Herr in seiner Gemeinde gegenwärtig. Oder besser: Sollte er gegenwärtig bleiben. Ein Stück der Verantwortung liegt nun bei uns Christen. Unsere Aufgabe ist es, seine Gegenwart in dieser Welt nicht nur zu bezeugen, sondern auch ein Stück weit zu vermitteln. Wo das Reich Gottes anbricht, wird der Herr gegenwärtig. Dieses Reich bricht aber nur an, wenn wir mutig mithelfen, es aufzubauen. Ganz von allein wächst es nicht; der Herr ermöglicht vielleicht das Wachsen, pflanzen aber müssen wir.

In dieser Welt die Gegenwart Gottes zu bezeugen, kann auf viele Weise geschehen: In der Zuwendung zu Armen und Ausgeschlossenen, im Streit für den Frieden, in der Jagd nach Gerechtigkeit. Für all das hat Jesus seinen Jüngern – und damit auch uns – einen Beistand versprochen: Den Geist, vom Vater gesandt. Dieser Geist weht, wo er will – nicht wo wir wollen. Dieser Geist kann bisweilen vieles Gewohnte durcheinanderbringen – auch wenn wir das nicht wollen. Dieser Geist lässt sich keine Fesseln anlegen, auch wenn das bisweilen bequem erschiene. Ein leichtes Projekt ist es also nicht, in dieser Welt Christ zu sein. Aber wir wissen ja: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“



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