News Bild „Fesselnd, obwohl man weiß, wie es ausgeht“ – Podiumsgespräch zu Passionsspielen in Tirschenreuth

„Fesselnd, obwohl man weiß, wie es ausgeht“ – Podiumsgespräch zu Passionsspielen in Tirschenreuth

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Der Saal war gut gefüllt. 75 Leute hatten sich am vergangenen Donnerstag im Katholischen Pfarrzentrum in Tirschenreuth eingefunden, um einem Podiumsgespräch zum Thema Passionsspiele zu folgen. Bischof Dr. Rudolf Voderholzer berichtete zusammen mit anderen Kirchenvertretern, Darstellern und Beteiligten der „Neuen Tirschenreuther Passion“, was die Darstellung der Passion Christi in ihm auslöst, welche Bedeutung sie für seinen Glauben hat und welche Auswirkungen sie auf die Gesellschaft hat. Wir haben uns am Freitag mit Manfred Fürnrohr, Geschäftsführer Diözesane Räte, getroffen. Er hat die Veranstaltung organisiert. Die Fragen stellte Armin Hofbauer.


Herr Fürnrohr, das Podiumsgespräch am gestrigen Donnerstagabend stand unter dem Motto „Was wir glauben“. Warum haben Sie sich für diese Überschrift entschieden?

Unser Ziel war es, die Beteiligten zu Wort kommen zu lassen. Von Amts wegen sind das der Bischof, genauso wie der Regionaldekan oder die evangelische Pfarrerin. Aber auch der Bürgermeister, für den das Passionsspiel eine kulturelle Bedeutung hat, der Regisseur und die Schauspieler haben einen eigenen Blickwinkel.


Ihnen lag besonders die Rolle der beteiligten Schauspieler und Künstler am Herzen. Wie kommt man dazu, bei einem Passionsspiel mitzumachen?

Es gibt viele unterschiedliche Wege. Florian Winklmüller zum Beispiel, der schon zweimal Jesus gespielt hat und im kommenden Passionsspiel den Pilatus gibt, hatte bei ‚Winsheims Tod‘, ein anderes Stück von Johannes Reitmeier, mitgespielt. Darauf wurde er von Herrn Reitmeier angesprochen, ob er nicht beim Passionsspiel mitmachen wolle.


Welche Voraussetzungen muss man mitbringen?

Es braucht großen persönlichen Einsatz. So ein Engagement machen die Laienspieler nicht einfach so aus der Hüfte heraus. Es bedeutet einen enormen zeitlichen Aufwand. Allein die Proben, die drei Wochen im Herbst und vier Wochen ab Aschermittwoch dauern, fordern Einiges ab.

Wie gehen die Schauspieler mit dem Stoff um?

Sie lernen intensiv ihre Texte und setzen sich eindringlich mit ihrer Rolle auseinander. Sie lassen sich ergreifen und nehmen das Gespielte innerlich auf. Emotional sind sie näher dran als bei einem klassischen Theaterstück. Es ist ihnen wichtig, den Glauben zu transportieren. Ein Schauspieler berichtete sogar, dass er schon bei der Probe vor Ergriffenheit Tränen in den Augen gehabt habe.


Bischof Rudolf ist ein erklärter Fan der Passionsspiele. Wie hat er beschrieben, dass er den Besuch eines Passionsspiels erlebt?

Für Bischof Rudolf sind Passionsspiele etwas ganz Besonderes. Er erzählte, wie er als Kind ein Passionsspiel miterlebt hat. Als er danach im Gottesdienst das Evangelium hörte, habe er gesagt: ‚Ja, da war ich dabei.‘ So eindrücklich sei die Darstellung gewesen. In Passionsspielen erlebe er das Geschehen intensiver als in der Heiligen Schrift. Sie seien ‚fesselnd, obwohl man weiß, wie es ausgeht‘. Sein Ziel ist es, alle Passionsspiele, von denen er erfährt, zu besuchen.


Der erste Bürgermeister von Tirschenreuth nahm ebenfalls an dem Podium teil. Sie sagten zuvor, er sei vor allem kulturell interessiert. Was meinen Sie damit?

Damit meine ich, dass die ‚Tirschenreuther Passion‘ für die Stadt und die Region eine große Bedeutung hat. Sie wird von der Stadt als Veranstalter getragen. Die gesamte Veranstaltung kostet 170000 bis 200000 Euro. Beinahe jeder der 8000 Einwohner ist auf irgendeine Weise miteingebunden, nicht nur die 80 Laienschauspieler.


Welche Rolle spielt die Passion für die Menschen in der Tirschenreuther Region?

Die Leute in der Region identifizieren sich mit ihr. Dazu trägt auch bei, dass es ein Mundartstück ist, bei dem die inneren Monologe und die Gefühle im Dialekt ausgedrückt werden. Das Gezeigte ist so näher an den Leuten. Außerdem herrscht zur Passionsspielzeit in Tirschenreuth ein ganz besonderes Flair und so kann sich die Stadt im besten Licht präsentieren.


Sie haben als Geschäftsführer der Diözesanen Räte die Veranstaltung maßgeblich mitorganisiert. Welche Rolle spielt die Volksfrömmigkeit für die Verbände und geistlichen Gemeinschaften im Bistum?

Es gibt ganz viele verschiedene Arten von Verbänden und geistlichen Gemeinschaften. Ein Fachverband wie die Katholische Arbeitnehmerbewegung hat eine andere Ausrichtung als eine geistliche Gemeinschaft. Die meisten der dort engagierten Katholiken kommen aber aus der Volksfrömmigkeit und tragen das Leben der Gemeinden wesentlich mit. Und mit eigenen Veranstaltungen – wie die KLB durch das Frauentragen im Advent – fördern die Verbände die Volksfrömmigkeit.


Was war für Sie das Fazit der gestrigen Veranstaltung?

Ich bin sehr beeindruckt von dem großen Aufwand, den alle Beteiligten schultern. Die Darstellung der Passion trägt auf eine ganz besondere Weise. Sie ist ganz anders und viel eindrucksvoller als eine Bibellesung, und noch einmal anders als die Lesung mit verteilten Rollen am Palmsonntag. Mich hat der Abend angesteckt und ich werde mir im nächsten Jahr das Tirschenreuther Passionsspiel ansehen.

 



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