News Bild Musik verbindet, Musik verkündigt, Musik verwandelt!

Musik verbindet, Musik verkündigt, Musik verwandelt!

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„Musik verbindet, Musik verkündigt, Musik verwandelt!“ Mit diesen Worten brachte Juan Cardinal Garcia Rodriguez, Erzbischof von Havana, in seiner Predigt zur Eröffnungsmesse am 2. Fastensonntag die Bedeutung der „Semana de la Música Sacra“ auf den Punkt.

Bereits zum siebten Mal fand heuer diese kirchenmusikalische Werkwoche statt, die von der Hochschule für Kirchenmusik und Musikpädagogik in Regensburg zusammen mit dem Lehrstuhl für Kirchenmusik am Centro Padre Félix Varela in Havanna durchgeführt wurde und die seit Jahren auch vom Bischof von Regensburg ideell und finanziell unterstützt wird. Zum Programm der Werkwoche gehören gemeinsame Chorproben mit Einstudierung neuer Werke, Erfahrungs- und Notenaustausch, Unterrichte und die Präsentation der Ergebnisse in Konzerten sowie vor allem die Gestaltung der Messfeiern an den beiden Sonntagen, die die Woche gewissermaßen einrahmen.

Von Havanna bis Santiago

Heuer nahm Bischof Rudolf die Einladung an, sich selbst ein Bild zu machen von diesem internationalen Projekt. Für die Zeit zwischen Eröffnungsmesse und Eröffnungskonzerten (8./9. März) und dem Abschlusskonzert und der Abschlussmesse (14./15. März) in Kubas Hauptstadt Havanna organisierte das Bayerische Pilgerbüro eine Reise quer durch die ganze Insel über Cienfuegos, Trinidad und Camagüey bis nach Santiago de Cuba. Zur 18-köpfigen Reisegruppe gehörten Domkapitular Johann Ammer, dem, reise- und lateinamerikaerfahren, die technische Reiseleitung oblag, und Ordinariats-Rätin Frau Maria Luisa Öfele, deren perfekte Spanisch-Kenntnisse der ganzen Reisegruppe bei den verschiedenen Begegnungen, vor allem aber auch an den kubanischen Flughäfen, sehr zugute kamen.

Besuche bei Bischöfen, kirchlichen Einrichtungen und diplomatischen Vertretungen

Unterwegs standen zahlreiche Begegnungen mit Bischöfen, Ordensleuten und der Besuch kirchlicher Einrichtungen und Gnadenorte auf dem Programm, die der Reise den Charakter eine Pilgerfahrt gaben. Auch Stadtbesichtigungen und das Erleben der reizvollen Landschaft in Erwartung der Regenzeit kamen nicht zu kurz. Mehr als einmal erlebten die Pilgerinnen und Pilger aus Deutschland auch den schweren Alltag der kubanischen Bevölkerung, der von Mangel und Entbehrungen gekennzeichnet ist – nicht zuletzt eine Folge des jahrzehntelangen Embargos der westlichen Welt, aber auch sozialistischer Planwirtschaft. Zu den Höhepunkten gehörte unter anderem der Besuch in der Deutschen Botschaft, wo die Reisegruppe von Botschafterin Heidrun Tempel und ihrem Ständigen Vertreter, dem aus Au in der Hallertau stammenden Diplomaten Joseph Weiß, empfangen wurde. Und schließlich nahm sich auch der Apostolische Nuntius, Erzbischof Gloder, Zeit für eine eineinhalbstündige Audienz.

Wallfahrt zu den zwei heiligen Lazarus

Die Wallfahrt wurde eröffnet mit einer Messfeier am zweitgrößten Wallfahrtsort Kubas, im „Santuario de San Lazaro“ in Rincón vor den Toren Havannas. Zur Verehrung des heiligen Lazarus, des Bruders von Martha und Maria, kommt dort vor allem für die afro-kubanischen Gläubigen der tröstende Blick auf den armen Lazarus aus dem Gleichnis Jesu (Lk 16,19–31), der dem reichen Prasser gegenübergestellt wird, dessen rücksichtslose Lebensweise zur ewigen Verdammnis führt, während der arme Lazarus in Abrahams Schoß die Seligkeit Gottes empfängt.

Zwei Bischöfe im Geiste des Konzils

In Cienfuegos empfing Bischof Domingo persönlich die Bayerischen Pilger vor der Kathedrale. Bei der Begrüßung der Bischöfe stellte sich heraus, dass die beiden denselben Typ von Bischofsring tragen, nämlich einen so genannten „Konzilsring“ in Silber. [Einen solchen Ring schenkte Papst Paul VI. allen am II. Vatikanischen Konzil teilnehmenden Bischöfen und Äbten.] Die Kathedrale ragt heraus durch die Darstellung der 12 Apostel in bunten Fenstern an den Seitenwänden. Beim gemeinsamen Mittagessen nach der Messe erzählt Bischof Domingo von seinem Lebensweg als Fidei-Donum-Priester, der von seinem Bischof in der spanischen Heimat in den schwierigen nach-revolutionären Zeiten, als viele Priester und Ordensleute das Land verlassen hatten, zur Unterstützung der Seelsorge nach Kuba entsandt worden war.

Kirchliches Leben in Privathäusern

In Trinidad trifft die Reisegruppe mit den beiden schon hochbetagten Dominikaner-Patres zusammen, die die Pfarrseelsorge in der Stadt und ihrer Umgebung ausüben. Da kirchliche Aktivitäten nur innerhalb von Kirchen und Kapellen stattfinden dürfen, gerade auf dem Land aber viele Gotteshäuser zerstört sind, ist es eine erfreuliche Entwicklung, dass neuerdings vom Staat auch Versammlungen in Privathäusern genehmigt werden für Gebete, Katechesen und Gottesdienste. Diese „Missionshaus“ („casa de misión“) genannten privaten Versammlungsorte gehören mittlerweile landesweit zu wichtigen Elementen des kirchlichen Lebens in den ländlichen Gebieten.

Der selige Bruder José Olallo Valdés (1820-1889) von Camagüey

In Camagüey, neben Havanna und Santiago der dritte Erzbischofssitz in Kuba, kommt es zur Begegnung mit den Barmherzigen Brüdern, die in dieser kubanischen Stadt ein Altersheim aufgebaut haben. Es ist nach Bruder José Olallo benannt, der im 19. Jahrhundert wirkte und am Ort hochangesehen ist, obwohl Laienbruder, „Padre“ genannt wird und der im Jahr 2008 – ein Jahr vor seinem Ordensmitbruder Eustachius Kugler – selig gesprochen wurde. Die Arbeit der Barmherzigen Brüder wird vom Staat sehr geachtet und auch unterstützt. Das Pilotprojekt einer Palliativstation hat gute Aussichten, als Modell für entsprechende staatliche Einrichtungen zu dienen.

Blumen für die Virgen de la Caridad del El Cobre

Von Camagüey geht es ganz in den Osten. Vor den Toren Santiagos liegt, umgeben von den Gebirgszügen der Ausläufer der Sierra Maestra und in Sichtweite der Abraumhalden der Kupferminen, Kubas größter Marienwallfahrtsort El Cobre („Kupfer“), wo die Gottesmutter als Virgen de la Caridad („Jungfrau der Liebe“) verehrt wird. Der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Kuba 2012 hatte als äußeren Anlass das 400-jährige Jubiläum der Auffindung des Gnadenbildes. Papst Franziskus besuchte El Cobre im Jahr 2015 und bezog sich dabei auf die Bitte der Veteranen des Unabhängigkeitskampfes aus dem Jahr 1915 an Papst Benedikt XV., die Gottesmutter von El Cobre zur Schutzpatronin Kubas zu erklären, was 1916 auch geschah. 1998 hatte Johannes Paul II. im Rahmen seines Pastoralbesuches das Gnadenbild neu gekrönt. Benedikt XVI. brachte eine goldene Rose. Auch die Regensburger Pilgergruppe bringt der Gottesmutter Blumen, bevor sie auf dem Hochchor die heilige Messe feiert. Wie sehr die Gottesmutter von El Cobre verehrt wird, quer durch alle gesellschaftlichen Schichten und Gruppen, zeigt, dass sich unter den zahlreichen Geschenken und Votivgaben, die im Seitenschiff gezeigt werden, die Urkunde zur Nobelpreisverleihung an den Schriftsteller Ernest Hemingway aus dem Jahre 1954 befindet. Auch die Mutter Fidel Castros soll in den 1950-er Jahren die Gottesmutter um den Schutz für ihren Sohn gebeten haben.

Santiago de Cuba und der Sieg der Revolution am 1. Januar 1959

Santiago de Cuba ist die ältere Hauptstadt und der älteste Metropolitansitz. Zu den Erzbischöfen gehört der heilige Antonius Maria Claret (1807–1870), der Gründer des Claretiner-Ordens. In Santiago rief Fidel Castro am 1. Januar 1959 den Sieg der Revolution aus, und zwar auf dem Balkon des Rathauses direkt gegenüber der Kathedrale. Der Erzbischof hatte ihre Portale weit geöffnet, um Zustimmung und Wohlwollen zu signalisieren, aber auch, um den Revolutionären den Blick auf den Tabernakel und damit den wahren Herrn der Geschichte zu eröffnen. Die Regensburger Pilger feiern die Eucharistie in der Kathedrale am 13. März, dem Tag der Wahl von Papst Franziskus. Seinem Besuch 2015, so erklärt uns der Dompfarrer, ist der Abschluss der Renovierung der Kirche zu verdanken. Auch an diesem 13. März ist das Hauptportal der Kathedrale weit geöffnet wie am 1. Januar 1959 und der Blick geht vom Altarraum zum Rathaus. Seinerzeit dauerte es freilich nicht lange, bis die Revolution dann doch ihr antikirchliches, atheistisches Gesicht zeigte. Die Kirche wurde völlig aus dem Bildungsbereich und der Öffentlichkeit verdrängt, ihr Leben durch eine Fülle von Auflagen und Verwaltungsvorschriften erschwert.

Große Verehrung für den heiligen Papst Johannes Paul II.

Entscheidende Veränderungen zum Positiven brachte, das wird in allen Begegnungen deutlich, der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Januar 1998 auf Kuba. Allein zur Messfeier in Havanna auf dem Platz der Revolution, Auge in Auge mit einer Ikone Che Guevaras am Gebäude des Innenministeriums, kam eine Million Menschen, was nicht nur die Machthaber, sondern selbst die Bischöfe überrascht hatte. Zu den nachhaltigen Früchten dieses Besuches, der die religiöse Sehnsucht des Volkes und die Kraft des Glaubens eindrucksvoll unter Beweis stellte, gehört die Wiedereinführung des 25. Dezember als staatlich geschützter Feiertag. Zum Besuch Benedikts XVI. 2012 wurde dann auch der Karfreitag zum Feiertag erklärt.

El Cristo de La Habana (der Christus von Havanna)

Symbol für eine gewisse Hassliebe von Staat und Kirche ist die über 20 Meter hohe Christus-Statue über dem Hafen von Havanna, aus weißem Marmor gestaltet von der kubanischen Künstlerin Jilma Madera, in Auftrag gegeben von der Frau des Diktators Batista zum Dank für die Bewahrung ihres Mannes bei einem Attentatsversuch, eingeweiht am 24. Dezember 1958, eine Woche bevor Batista sich den Revolutionären geschlagen gab und das Land verließ. Nach einer umfassenden Renovierung wurde die Christusstatue 2017 sogar zum Nationaldenkmal erklärt.

Papstbesuch und Kirchenmusik

Zu den nachhaltigen Folgen des Besuches von Papst Johannes Paul II. gehört auch die Belebung der Kirchenmusik. Um die großen Messfeiern auch kirchenmusikalisch würdig zu gestalten, wurde Frau Alina Orraca, langjährige Leiterin des Chores „Schola Cantorum Carolina“ mit der Koordination beauftragt. Sie stand vor der Herausforderung, einen Chor aus Kirchenchorsängern des ganzen Landes zusammenzustellen, die bis dato noch nie mehrstimmig a-cappella gesungen hatten. Mit eiserner Disziplin konnte sie, gegen die Stimmen der Skeptiker, mit 400 Sängern die große Papstmesse so gestalten, dass sie zu einem Meilenstein der jüngeren Kirchenmusikgeschichte Kubas wurde. In Anerkennung ihrer Verdienste wurde sie im Rahmen des Jubiläumskonzertes am 9. März als die Grande Dame der Kirchenmusik Kubas geehrt. Anlässlich des bevorstehenden 100. Geburtstags des mittlerweile heiliggesprochenen Papstes aus Polen gab es am Montagabend des 9. März in der Kathedrale San Cristóbal in Havanna ein Konzert, mit dem der Beitrag Johannes Pauls II. gewürdigt wurde. Besonders eindrucksvoll waren jeweils mehrminütige Einspielungen von Originalaufnahmen vom Kuba-Besuch aus dem Jahr 1998, die einen schon von seiner Krankheit gezeichneten, aber mit überragender geistlicher Autorität kraftvoll predigenden Papst gegenwärtig sein ließen.

 

Neuentdeckung der Orgelmusik

In Folge des Papstbesuchs von 1998 wurde auch das Orgelspielen auf Kuba neu entdeckt. In den 1960er Jahren gab es im ganzen Land keine einzige spielbare Orgel und in der Folgezeit auch keine Organistin oder keinen Organisten mehr. Mit der Ausbildung des ersten kubanischen Organisten, Moisés Santiesteban, an der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik (HfKM) und der Unterstützung der Diözese Regensburg konnte im Laufe der letzten Jahre diese Situation verändert werden. Mittlerweile kann man in Havanna in Kooperation mit der HfKM ein Diplom in Orgelmusik erwerben. Und zum siebten Mal fand die Woche der Kirchenmusik mit Orgel- und Chorkonzerten statt, die mittlerweile zu einem kulturellen und religiösen Höhepunkt im Veranstaltungskalender der Stadt Havanna geworden ist. Sogar in der kubanischen Parteizeitung „Granma“ wurde ausführlich über die „Semana“ berichtet.

Das Eröffnungs- und das Abschlusskonzert fanden jeweils in der Kirche St. Franz von Assisi statt. Die Begeisterung und Freude der kubanischen und deutschen Musiker, deren Interpretationen auf höchstem Niveau waren, übertrugen sich auf die Zuhörer und ernteten entsprechend lang anhaltenden Beifall.

Begegnung mit Juan Kardinal Garcia Rodriguez

Am Nachmittag des 9. März wird die Reisegruppe zusammen mit Professor Baier, dem Rektor der Hochschule für Katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik in Regensburg, Vizerektor Professor Marcus Rupprecht, Professor Kunibert Schäfer sowie Herrn Moisés Santieteban, der den Lehrstuhl für Kirchenmusik am Centro Cultural Padre Félix Varela innehat, von Juan Kardinal Garcia Rodriguez, dem Erzbischof von Havanna und Nachfolger von Jaime Kardinal Ortega (1936–2019), im Bischofshaus zum Gespräch empfangen.

Die verantwortlichen Organisatoren der Semana de Música Sacra berichten dem Erzbischof von den beeindruckenden Früchten der bisherigen Zusammenarbeit und bitten um weitere Unterstützung. Es besteht große Einmütigkeit in der Einschätzung, dass die Kirchenmusik und die zahlreichen Orgeln in den Kirchen Kubas nicht nur ein großer Kulturschatz sind, sondern vor allem auch ein wichtiges Medium der Verkündigung und der Neuevangelisierung.

Mit der letzten planmäßigen Maschine nach Deutschland vor Schließung der europäischen Außengrenzen verlässt die Reisegruppe am Abend des 16. März vom Flughafen in Havanna aus die karibische Insel, und nach einem neunstündigen Flug erreicht sie Frankfurt am Main.

Das Einladungsplakat für die 8. Semana de la Música Sacra 2021 ist schon gestaltet. Bleibt zu hoffen, dass die Corona-Krise bis dahin überwunden sein wird und die erfolgreiche Zusammenarbeit fortgesetzt werden kann.



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