News Bild Regensburger Bischof besucht Seelsorgeprojekte in Sao Paulo – Vielfältige Hilfe durch Spenden aus Regensburg

Regensburger Bischof besucht Seelsorgeprojekte in Sao Paulo – Vielfältige Hilfe durch Spenden aus Regensburg

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Sao Paulo/Regensburg (pdr) Als das Evangelienbuch während des Sonntagsgottesdienstes hereingetragen wird, begrüßen 800 Jugendliche in einer brechend vollen einfachen Kirche mit Tänzen und Gesängen das Wort Gottes. Schon eine Stunde vor Gottesdienstbeginn waren die meisten zur dreistündigen Feier gekommen. Einige von ihnen lesen aus der Bibel und deuten sie für die Jugendlichen. Immer wieder werden Passagen mit Gesängen kommentiert. . „Es ist für mich unbeschreiblich, welche Begeisterung die jungen Menschen hier für den Glauben entwickeln“, so berichtet Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller. „Nicht nur sonntags treffen die Jugendlichen sich so zum Gottesdienst. Auch an den Werktagen beten Hunderte Jugendlicher zusammen das traditionelle Morgengebet der Kirche, die ‚Laudes’“.

An 15 Orten in der Pfarrei „Maria Königin“ in einem Elendsviertel mit schätzungsweise 70.000 Bewohnern laden täglich Jugendliche und junge Erwachsene zum Gebet und zur Schriftlesung ein und teilen die Heilige Kommunion an Kranke aus. Im Begegnungszentrum der Pfarrei treffen sich täglich 90 Jugendliche, die früher drogenabhängig oder Mitglieder von Jugendbanden waren. Sie sprechen ab, welche Kranken und alten Leute sie an diesem Tag besuchen und wer Essen verteilt. Später probt die Jugendband für den Gottesdienst.

Bewirkt hat all diese „Wunder“ Pfarrer Nivaldo Villela zusammen mit vielen Jugendlichen und der Hilfe seines deutschen Freundes Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller. Padre Nivaldo arbeitet seit drei Jahren in der Slum-Pfarrei „Maria Königin“ im Bistum Campo Limpo, das zur Kirchenprovinz Sao Paulo gehört. Im Januar hat der Regensburger Bischof eine Woche lang zusammen mit ihm die Gottesdienste gefeiert, Bibelstunden gehalten und einem 95-jährigen in seiner Hütte die Krankensalbung gespendet. Die beiden Geistlichen haben sich vor sechs Jahren in Rom an der Lateran-Universität kennen gelernt. Der eine war Gastprofessor, der andere Student. Später hat ihn der heutige Bischof zum Studium nach München eingeladen, und der Kontakt hat sich in den folgenden Jahren weiter intensiviert. Schon zum dritten Mal hat jetzt Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller die Pfarrei besucht und dort in der Seelsorge mitgearbeitet. Das Begegnungszentrum, von dem aus viele Aktivitäten koordiniert werden, ist von den Spenden finanziert worden, zu denen der Regensburger Bischof anlässlich seines 25-jährigen Priesterjubiläums im vergangenen Jahr aufgerufen hatte. Jetzt konnte er es zusammen mit Padre Nivaldo und vielen Hundert Jugendlichen einweihen.


Arbeit nicht für Jugendliche, sondern mit den Jugendlichen

„An der Arbeit von Padre Nivaldo fasziniert mich, dass hier nicht nur für die Jugendlichen etwas getan wird, sondern mit den Jugendlichen. Sie selbst werden aktiv, erleben, dass sie etwas bewirken können und finden so in einem sonst wirklich trostlosen und von Arbeitslosigkeit geprägten Alltag einen Sinn im Leben“, so beschreibt der Regensburger Bischof die Seelsorge in der Favela.

Natürlich fasziniert ihn auch die Altersstruktur. Von 500 Gottesdienstbesuchern sind ungefähr 480 jünger als 30 Jahre. „Das liegt sicher auch an der Person des Pfarrers, der es versteht mit den meist dunkelhäutigen Bewohnern umzugehen. Er stammt selbst von den früher zur Plantagenarbeit nach Brasilien verschleppten Afrikanern ab. Sie stehen in der Gesellschaft im Ansehen noch heute auf der untersten Stufe, wenn sie nicht gerade Fußballstars sind.“ Bei den etablierten Leuten, vor allem den Gläubigen mit europäischer Abstammung, gibt heute es noch immer Probleme mit der Akzeptanz. Die erwarten als Priester einen „weißen älteren Herrn“, so der Bischof. Für die Jugendlichen in der Favela ist das anders. Sie erleben ihren Priester als einen der ihren, beim Singen und Beten fließt bei ihm „das gleiche Blut“.


Erfolgreicher Kampf gegen menschenverachtenden Sekteneinfluss

Auch die Sektenprediger, die in ganz Südamerika große Erfolge haben, machen sich die gleiche Abstammung zu nutze. Bei Padre Nivaldo ist das anders: Er weiß, was bei den Jugendlichen ankommt, wie sie leben. Aber er hat als Hintergrund sein Studium und ein reflektiertes Glaubensverständnis. „Man kann ja nicht sagen, Hauptsache die Jugendlichen sind religiös oder glauben an irgend einen Gott“, stellt Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller heraus. Gerade einige Sekten und nach der „Marke Eigenbau“ gegründete „Kirchen“ in Südamerika würden ein angstmachendes Gottesbild verbreiten, den Leuten das letzte Geld aus der Tasche ziehen und damit die Situation der ohnehin schon im Elend lebenden Menschen noch weiter verschlechtern. Der Einfluss der Sekten ist dank der Arbeit von Padre Nivaldo und der Mitarbeit der Jugendlichen in der Pfarrei „Maria Königin“ praktisch auf Null gesunken.


Richtungweisende Kombination von apostolischer Tätigkeit und sozialer Hilfe

In Campo Limpo erlebt der Bischof eine faszinierende Kombination von apostolischem Wirken und sozialer Hilfe. Auch neue geistliche Gemeinschaften haben sich in zwei Konventen dieser Kombination verschrieben. In einem Konvent der Karmeliten leben 20 junge Männer. 90 jungen Schwestern hat eine reiche Brasilianerin, die vor einigen Jahren nach Spanien zurückgekehrt ist, ihre Villa mit großem Gelände überlassen. Sie übernimmt bis heute die Kosten für Wasser und Strom. Was fehlt, ist eine Kapelle für die Schwestern, die in ganz Sao Paulo nicht nur im sozialen Bereich arbeiten, sondern auch gezielt das Evangelium verkünden. „Diese Kapelle ist eines der nächsten Projekte, das ich unterstützten möchte“, kündigt Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller an.

„Für die Seelsorge in Südamerika ist entscheidend, dass diese Verbindung von apostolischer Tätigkeit und sozialem Engagement von den Menschen bei der katholischen Kirche hautnah erlebt wird. Es gibt oft das Vorurteil, die katholische Kirche hilft im sozialen Bereich und die Sekten verkünden das Evangelium. Das ist natürlich ein Unsinn“, so der Regensburger Bischof. Bei den Projekten, die er fördern möchte, ist gerade diese lebendige Verbindung das entscheidende Kriterium. Diesmal konnte er dank der Hilfe zahlreicher Spender 30.000 Euro zur Verfügung stellen. Wenn man mit den Menschen dort in einem einfachen Quartier lebt, wie der Bischof das nun wieder getan hat, „dann erlebt man natürlich, dass es materiell an allen Ecken und Enden fehlt. Gerade die lebendige Verbindung von Glaube und sozialem Engagement ist es aber, die das spezifisch Christliche für mich ausmacht.“


Wegweisende Hilfe für Drogenopfer auf der Basis des Glaubens

Es komme bei der Hilfe für die drogenabhängigen Jugendlichen nicht nur auf soziale, finanzielle oder psychologische Unterstützung an, so berichtet der Bischof. „Ursachen für die Sucht sind ja nicht nur in Südamerika die Perspektivlosigkeit und die fehlende Hoffnung.“ Die lebendige Glaubenserfahrung aus der Verkündigung des Evangeliums und das persönliche Engagement für andere in Not seien deshalb entscheidende Faktoren auf dem Weg aus der Sucht. Dieses Konzept wird in Campo Limpo seit Jahren mit Erfolg praktiziert. Das mit Spenden aus Regensburg finanzierte Begegnungszentrum für Straßenkinder ist dabei eine ganz entscheidende Hilfe. Neben dem Kapellenbau für den Schwestern-Konvent hat Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller deshalb als eines der nächsten Projekte auch die Erweiterung der Pfarrkirche als dem geistlichen Zentrum der Pfarrei im Auge. „Gerade an den Sonntagen platzt sie aus allen Nähten“, das hat er selbst freudig überrascht erlebt. Vielleicht können bei seinem nächsten Besuch in der erweiterten Kirche schon viel mehr Jugendliche begeistert mit Tanz und Gesängen das Evangelienbuch begrüßen.



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