News Bild Bischof Voderholzer: „Islam ist eine postchristliche Erscheinung“

Bischof Voderholzer: „Islam ist eine postchristliche Erscheinung“

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Bischof Dr. Rudolf Voderholzer erinnert daran, dass die Welt in der wir leben, zutiefst durchdrungen ist von christlichen Glaubensvorstellungen und den daraus resultierenden Werten. Diese seien unser aller Sorge wahrlich wert, betonte der Bischof im Rahmen einer Vesper im Regensburger Dom St. Peter anlässlich des 4. Jahrestages seiner Bischofsweihe und verwies darauf, dass man nicht allen, die sich Sorgen um unsere abendländische-christliche Kultur machten, von vorneherein alle möglichen pathologischen Phobien unterstellen dürfe.

Das Abendland, so Voderholzer sei keine statische Größe. Es sei gewachsen, habe viele Einflüsse und Kulturen aufgenommen und integriert. Das Abendland sei aber auch nicht einfach die Summe oder bloße Addition von unterschiedlichen Kulturen, sondern diese verschiedenen Einflüsse seien christlich transformiert. Unser Festkalender, das Zeitempfinden überhaupt, die Kunst, ob darstellend, Musik oder Literatur, die grundsätzliche Unterscheidung von weltlichem und geistlichem Bereich; auch das Phänomen Aufklärung sei letztlich ohne die schon in der Heiligen Schrift selbst bezeugten Aufklärungs- und Entdivinisierungskonzepte (etwa im Bereich der Schöpfungstheologie) nicht zu denken, erklärte Bischof Rudolf Voderholzer und stellte weiter klar:

„Der Islam nun freilich, so viel Realismus müssen wir aufbringen, ist eine postchristliche Erscheinung, die mit dem Anspruch auftritt, die Kerngehalte des Christentums zu negieren: Den Glauben an den  dreifaltigen Gott, die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz. Nur wer seinen eigenen Glauben entweder nicht kennt oder nicht ernst nimmt, kann hier eine weit reichende Integration des Islam als Islam für möglich halten“, so Bischof Rudolf.

 

Die Predigt des Bischofs im Wortlaut:

 

Liebe Mitbrüder im Bischofsamt Weihbischof Reinhard und Josef,

Liebe Mitbrüder im Priester- und Diakonenamt,

vor allem liebe Mitglieder des Domkapitels mit Herrn Dompropst Wilhelm und Domdekan Neumüller,

und liebe Mitglieder der Regensburger Stiftskapitel,

liebe, ehrwürdige Schwestern

liebe Vertreterinnen und Vertreter der kirchlichen Vereine und Verbände, die Sie gekommen sind mit Ihren Fahnen und Bannern,

liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Die winterlichen Temperaturen draußen und auch im Dom machen es uns leicht, uns an den 26. Januar vor vier Jahren zu erinnern, als ich hier zum Bischof geweiht wurde. Ich danke Ihnen allen, dass Sie auch heute in den kalten Dom gekommen sind, um mit mir Christus dem Herrn zu danken und mit mir zu beten um Gottes Geist, zu beten, dass er unser Bistum und die ganze Kirche führe und sie stärke für ihre Sendung in dieser Welt. Gut, dass die Vesper nicht drei Stunden dauert.

Der Jahrestag der Bischofsweihe ist für mich immer ein willkommener Anlass, innezuhalten, einen Schritt sozusagen zurückzutreten, hinzuschauen und über das Amt und die Aufgabe nachzudenken, die mir vor vier Jahren durch die Handauflegung von Kardinal Marx, Kardinal Müller und Bischof Frantisek und durch Ihr aller Gebet übertragen wurde.

Worin besteht die Aufgabe der bischöflichen Verkündigung in erster Linie.

In diesem Jahr 2017 wird im September der Bundestag neu gewählt. Der Wahlkampf fällt in politisch unruhige Zeiten. Die Gesellschaft scheint gespalten wie lange nicht. Vor allem ist umstritten, worin nun das spezifisch „christliche“ der Politik bestehen könnte. Den Parteien, die den Anspruch des Christlichen sogar im Namen tragen, wird von manchen vorgehalten, diesen Anspruch gar zu verraten. In dieser Situation ist auch das Bischofsamt gefragt. Und die Versuchung ist groß, sich in die politischen Auseinandersetzungen einzumischen, sich auch tagespolitisch zu Wort zu melden und gar öffentlich Partei zu ergreifen im wahrsten Sinne des Wortes.

Hier ist die Unterscheidung der Geister gefragt und notwendig!

Die christliche Botschaft, liebe Schwestern und Brüder, hat immer eine politische Dimension.

Wenn Jesus in der Zinsgroschenfrage die geniale Antwort gibt: Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört, dann will er damit sagen:

Dem Kaiser, das heißt der weltlichen Macht und Regierung, steht das Instrumentarium zu, das er braucht, um ein Land zu verwalten und zu regieren. Unter anderem das Geld und die der Geldeinnahme dienenden Steuern. Auf der Münze aber war und ist oft immer noch ist das Antlitz des Kaisers aufgeprägt.

Was aber, so ist Jesus zurückzufragen, was gehört Gott? Gott gehört der Mensch. So wie das Antlitz des Kaisers auf die Münze aus Kupfer, Silber oder Gold aufgeprägt ist, so ist das Antlitz Gottes auf den Menschen aus Fleisch und Blut, ist das Antlitz Gottes jedem Menschen aufgeprägt. Der Mensch ist Gottes Ebenbild, und deshalb hat er eine unzerstörbare Würde, darf er nicht instrumentalisiert werden. Nur Gott hat Anspruch auf den ganzen Menschen.

Deshalb ist die christliche Botschaft von ihrem innersten Kern her die beste Vorbeugung gegen jede Form von Totalitarismus, von Vergöttlichung des Staates, von Vergöttlichung der Nation; und weil alle Menschen das Antlitz Gottes aufgeprägt haben, Bild Gottes sind, ist die christliche Botschaft auch aus ihrem innersten Kern heraus die Absage an jede Form von Rassismus.

Kardinal Faulhaber hat in einer Zeit, als der Kanzelparagraph in Geltung war und dessen Beobachtung striktest eingefordert wurde, mit einer theologischen Aussage die Blut-und-Boden-Ideologie des Nationalsozialismus zurückgewiesen, wenn er in den Adventspredigten 1933 sagte: „Wir sind nicht durch deutsches Blut erlöst, sondern durch das Blut unseres Herrn Jesus Christus.“

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Ich plädiere nicht für die Wiedereinführung des Kanzelparagraphen, der der christlichen Predigt strikt jede politische Äußerung untersagte.

Aber möchte doch mir und allen Predigern in Erinnerung rufen, dass die unmittelbare Tagespolitik nicht Gegenstand der Glaubensverkündigung sein sollte.

Die Bischöfe und Priester sollten nicht zu schnell bestimmte politische Positionen in den Rang von Glaubenssätzen erheben und andere zu Häresien erklären. Gerade in der gegenwärtigen Debatte bezüglich der Herausforderungen durch die großen Migrationsbewegungen ist eine Pluralität von Positionen nicht von vorneherein verwerflich. Diejenigen, die sie dann auch öffentlich verantworten und sich auch wieder zur Wahl stellen müssen, sollten sie gut begründen können. Die Pastoralkonstitution Gaudium et spes des II. Vaticanums sagt in Art. 43 ausdrücklich, dass es bei der Beurteilung konkreter politischer Entscheidungssituationen verschiedene legitime Auffassungen geben kann auch unter Christen, unter Katholiken. Und dies haben auch die Geistlichen zu respektieren. Sie dürfen nicht neutral sein, sondern so reden und das Evangelium mit seinem Anspruch vertreten, dass sie bei allen Parteien Gehör finden. Mein philosophischer Lehrer Jörg Splett spricht in diesem Zusammenhang von Utraquität. Zuständigkeit für alle, Hirte sein für alle, auch für die, die sich verirrt haben in krude Auffassungen. Sie zurückzugewinnen versuchen, wie Werner Patzelt es jüngst ausgedrückt hat, Ihnen nicht durch die Verurteilung ganzer Parteien noch einen Fußtritt geben.

Themen grundsätzlicher Natur gibt es für die amtliche Verkündigung in der Kirche viele. Dafür Licht und Orientierung zu geben, ist Aufgabe der amtlichen Vertreter der Kirche, nicht die Einmischung in die tagespolitische Debatte.

Ich greife nur zwei heraus.

Ich denke da an die Herausforderungen der Bio- und Lebensethik, vor allem im Hinblick auf die rasant sich vermehrenden Möglichkeiten der Pränataldiagnostik.

Vor zwei Tagen, als Deutschland den Tag der Opfer des Nationalsozialismus beging, verlas bei der Feier im Bundestag in der Gedenkstunde der Schauspieler Sebastian Urbanski vom Berliner Rambazamba-Theaer, der das Down-Syndrom hat, den Brief eines damaligen Opfers. Zum ersten Mal hat damit ein Mensch mit einer geistigen Behinderung vor dem Bundestag gesprochen. Auch Menschen mit Down-Syndrom waren von den Nationalsozialisten als "lebensunwert" eingestuft und ermordet worden. Viele der Bundestagsmitglieder waren zu Tränen gerührt.

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir stehen vor dem Paradox, dass postnatal große und größte Anstrengungen unternommen werden für die Inklusion, für die Integration von behinderten Menschen in unsere Gesellschaft, sie teilhaben zu lassen an unserem Leben. Und ich kann hier nur auch und gerade unseren Einrichtungen der Katholischen Jugendfürsorge und der Caritas von Herzen danken, dass sie mithelfen, dass unsere Gesellschaft ein so menschliches Antlitz zeigt. Ja, noch nie wurde Menschen mit Behinderung so viel Fürsorge zuteil wie in unseren Tagen und in unserem Land. Postnatal.

Pränatal haben wir gleichzeitig eine unbarmherzige und gnadenlose Exklusion und Selektion. Als ich im November 2015 bei der Feierstunde im Bezirksklinikum auf diese Paradoxie hinwies, habe ich mir einen kritischen Kommentar in der Zeitung eingehandelt, was denn das eine mit dem anderen zu tun habe?

Aber, liebe Schwestern und Brüder! Kann man wirklich gleichzeitig Tränen der Rührung vergießen beim Verlesen eines Briefes aus dem Jahr 1943 durch einen Schauspieler mit Down-Syndrom, und schweigen über die pränatale Selektion. Mindestens neun von zehn Trisomie 21 diagnostizierten Embryos dürfen das Licht der Welt nicht mehr erblicken in unserem Land.

Papst Franziskus hat es in der Enzyklika Laudato si sehr deutlich gesagt, dass der Umgang mit den schwächsten und schutzbedürftigsten der Prüfstein ist für unseren Umgang mit der ganzen Umwelt und Schöpfung.

Ich werde es mir auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen, am „Marsch für das Leben“ teilzunehmen. Die Proteste, die er hervorruft, zeigen mir, wie wichtig diese Aktion ist.

Ein anderes Thema ist die theologische Auseinandersetzung mit dem Islam und eine Kritik der Integrationseuphorie, die viele Teile unserer Gesellschaft erfasst hat. Ich habe schon oft das kluge Wort von Peter Scholl-Latour zitiert, dass der Westen nicht so sehr die Islamisierung fürchten muss als vielmehr die eigene Lauheit, den eigenen Substanzverlust.

Trotzdem sollte man nicht allen, die sich Sorgen machen um unsere abendländische-christliche Kultur, von vorneherein alle möglichen pathologischen Phobien unterstellen. Gewiss, das Abendland ist keine statische Größe. Es ist gewachsen, hat viele Einflüsse und Kulturen aufgenommen und integriert. Aber das Abendland ist auch nicht einfach die Summe oder bloße Addition von unterschiedlichen Kulturen, sondern diese verschiedenen Einflüsse sind doch christlich transformiert. Unser Festkalender, das Zeitempfinden überhaupt, die Kunst, ob darstellend, Musik oder Literatur, die grundsätzliche Unterscheidung von weltlichem und geistlichem Bereich; auch das Phänomen Aufklärung ist letztlich ohne die schon in der Heiligen Schrift selbst bezeugten Aufklärungs- und Entdivinisierungskonzepte (etwa im Bereich der Schöpfungstheologie) nicht zu denken, wenn auch die Kirche sich hin und wieder gerade hier als Bremser gezeigt hat.

Die Welt in der wir leben, ist zutiefst durchdrungen von christlichen Glaubensvorstellungen und den daraus resultierenden Werten. Und die sind unser aller Sorge wahrlich wert.

Der Islam nun freilich, so viel Realismus müssen wir aufbringen, ist eine postchristliche Erscheinung, die mit dem Anspruch auftritt, die Kerngehalte des Christentums zu negieren: Den Glauben an den  dreifaltigen Gott, die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz. Nur wer seinen eigenen Glauben entweder nicht kennt oder nicht ernst nimmt, kann hier ein weit reichende Integration des Islam als Islam für möglich halten.

Der Bischof ist Pontifex, Brückenbauer, nicht Murifex, Mauerbauer. Und wir bezeugen vor der ganzen Welt den Glauben an Jesus Christus, bieten die Brücke an, laden ein, die Brücke zu betreten, die der allmächtige Gott selbst in Jesus Christus zur Welt geschlagen hat.

Noch einmal, liebe Schwestern und Brüder!

Das politische Tagesgeschäft ist Aufgabe der getauften und gefirmten Weltchristen in den Parteien und Verbänden, und ich möchte sie ausdrücklich dazu ermutigen.

Deshalb noch ein ausdrückliches Wort zu den Verbänden! Ich habe es anlässlich des Katholikentages 2014 oft gesagt und ich unterstreiche es heute. Ich bin dankbar, ich bin stolz, dass wir im Bistum Regensburg ein so lebendiges Verbandswesen haben. Was waren das für Bilder, die sich mir tief ins Herz gegraben haben: der nicht enden wollende Zug der Fahnen und Banner am 26. Januar 2013. Und dann wieder beim Katholikentag, die Einrahmung des Stadions oben, wo wir die Messe gefeiert haben. Was sich hier so farbenfroh zeigt, bündelt sich in unserem Diözesankomitee, das die sozialpolitische Stimme der Kirche des Bistums, der katholischen Kirche, vernehmbar macht.

Ich danke allen katholischen Verbänden für Ihre Arbeit in den Pfarreien, und mehr noch danke ich für ihr überpfarrliches, diözesanes Engagement. Seit vielen Jahren und schon Jahrzehnte sind die katholischen Verbände mit ihrer religiösen und auch politischen Bildungsarbeit der Nährboden und das Lern- und Vorbereitungsfeld für junge Menschen, die in sich die Berufung zum politischen Engagement in und für unsere Gesellschaft entdecken. Ich wünsche mir sehr, dass dies so bleibt. Und ich verspreche Ihnen alle meine Unterstützung.

Und ich möchte heute dafür ein kleines Zeichen setzen.

Ich möchte alle Verbände ermutigen, die katholische Soziallehre zu studieren. Sie ist die beste Grundlage für ein gutes politisches Handeln. Es ist wichtig, dass die Prinzipien der katholischen Soziallehre, das Prinzip der Personalität, der Solidarität und der Subsidiarität, vermehrt und ergänzt durch das Prinzip der Nachhaltigkeit uns allen in Fleisch und Blut übergegangen sind.

Und weil ich ein Mensch, der den „Geruch von Büchern“ gerne mag und davon überzeugt bin, dass auch von Büchern her schon die Welt verändert worden ist (Bibel! Das Kapital!! Etc.), möchte ich allen Mitgliedern in den Verbänden einen so genannten "Docat" schenken.

Eine sehr schöne Aufbereitung der katholischen Soziallehre, jugendgemäß, aber durchaus auch für Erwachsene lehrreich. Alle, die mir ihre Bereitschaft erklären, mit diesem Buch zu arbeiten, es zu studieren, gemeinsam zu lesen und zu diskutieren, schenke ich es.

Liebe Schwestern und Brüder,

der eine Leib Christi, dessen Haupt der Herr selbst, lebt von verschiedenen Gaben, Verantwortlichkeiten und Charismen. Der Bischof hat als erster Lehrer und Künder des Glaubens voranzugehen. Das tagespolitische Geschäft ist die verantwortliche Aufgabe der Weltchristen.

Ich danke Ihnen allen für Ihr Mitgehen, für Ihr Mitsorgen, für Ihr Mitbeten und Mitstreiten. Möge der Herr uns täglich neu die Freude am Glauben stärken und uns zeigen, wie und wo er uns braucht.

Heiliger Wolfgang, bitte für uns, Amen.

 

Hier können Sie Bischof Rudolfs Predigt außerdem nachhören:



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