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Brauchtum in Ostbayern: Das gerettete Heilige Grab in Pullenreuth

Theatrum sacrum

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Pullenreuth, 27. März 2024

Auch in diesem Jahr werden in vielen Kirchen in Altbayern am Karfreitag und Karsamstag sogenannte Heilige Gräber aufgebaut, etwa in Pullenreuth im Landkreis Tirschenreuth.

Entstanden ist diese Tradition schon im frühen Mittelalter, als man Nachbildungen des Heiligen Grabes von Jerusalem in den heimischen Kirchen aufstellte. Ihre „Hoch-Zeit“ erlebten die Heiligen Gräber im Barock, wo man sie oft mit aufwendigen Theaterkulissen als „Bibel für die Augen“ gestaltete.

Theatrum sacrum

In der Zeit der Aufklärung Ende des 18. Jahrhunderts wurden die „Heiligen Gräber“ durch die Obrigkeit verboten und die Anlagen wurden zerstört oder verschwanden auf den Dachböden der Kirchen oder in Speichern, wo sie im Lauf der Zeit in Vergessenheit gerieten. Nicht so in Pullenreuth im Oberpfälzer Landkreis Tirschenreuth. Hier war im Jahr 2023 nach jahrelangen Restaurierungsarbeiten erstmals wieder das jahrhundertealte Heilige Grab im Chorraum der Pfarrkirche zu bestaunen.

Gewaltige Kulisse

Die älteren Pullenreuther erinnern sich noch genau – bis 1962 war das beeindruckende barocke „Theatrum sacrum“ zum Osterfest in der Pfarrkirche aufgebaut. Mit über sechs Metern Breite, sieben Meter Höhe und einer Tiefe von fast fünfeinhalb Metern füllt es den ganzen Chorraum aus. Insgesamt besteht das zweistöckige Grab aus über 70 Einzelteilen. Die gemalten Kulissen aus Holz und Leinwänden stammen zum großem Teil aus dem 19. Jahrhundert, einige ältere Teile lassen sich auf die Zeit des Spätbarock um 1700-1730 datieren.

Erste Erwähnung

Doch das Theatrum sacrum ist vermutlich noch älter. Alte Kirchenrechnungen lassen darauf schließen, dass es bereits im Jahr 1690 eine „Urständ“ – also eine Auferstehung – in Pullenreuth gab. Ab 1704 finden sich dann immer wieder Ausgaben für das Heilige Grab. In der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert gibt es keine Einträge, doch schon in der Kirchenrechnung von 1834/35 wird das Heilige Grab wieder erwähnt. Ab 1871 und bis weit ins 20. Jahrhundert findet sich keine Erwähnung des Heiligen Grabes mehr, bis es im Jahr 1962 endgültig auf dem Dachboden verschwand.

Die Grabrettung

Doch damit war es nicht aus dem Gedächtnis der Bevölkerung verschwunden. Schon 20 Jahre später wollten die Pullenreuther ihr Heiliges Grab wieder in der Kirche aufstellen. Immer wieder scheiterten die Versuche am Widerstand des zuständigen Pfarrers. Es dauerte bis zum Jahr 2016, bis das Projekt in Angriff genommen werden konnte. Weitere sieben Jahre brauchten Restauratoren und Freiwillige für die Wiederherstellung des wertvollen Kulturdenkmals. Dabei haben die Mitglieder des Heimatvereins Steinwaldia Pullenreuth e.V. allein über 2.000 Stunden an ehrenamtlicher Arbeit und erhebliche finanzielle Unterstützung geleistet. In der Karwoche 2023 erhielt das prächtig restaurierte Heilige Grab den Segen von Bischof Rudolf Voderholzer und das Theatrum sacrum konnte nach 61 Jahren wieder in der Pfarrkirche bestaunt werden.

Alle zwei Jahre

Auch in diesem Jahr bietet sich den Kirchenbesuchern ab Karfreitag schon beim Betreten der Kirche ein überwältigender Anblick. Das Heilige Grab füllt mit seinen zwei Stockwerken den gesamten Chorraum. Ein mit Palmen bemalter Säulengang führt zum Mittelpunkt des „Heiligen Theaters“ – dem Felsengrab mit dem Leichnam Jesu. Auf beiden Seiten bewachen römische Soldaten das noch leere Grab. Leuchtende gläserne Kugeln vermitteln eine ganz besondere Stimmung.  Im oberen Teil geben geöffnete Vorhänge einen Blick auf die von Putten umrahmte Himmelspforte frei, wo der Auferstandene in der Osternacht als Sieger stehen wird. Dahinter ist auf beiden Seiten auf große Leinwände die heilige Stadt Jerusalem gemalt.

Das nächste Mal wird das Heilige Grab erst wieder in zwei Jahren in der Pfarrkirche aufgebaut. Bis dahin kann es das ganze Jahr über im Weiß-Saal in Pullenreuth von Gruppen besichtigt werden.

Text: Judith Kumpfmüller

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Weitere Infos

Öffnungszeiten und Termine

Das Heilige Grab ist von Karfreitag, den 29. März, bis zum 5. April in der Pfarrkirche St. Martin in Pullenreuth aufgebaut. Es kann in dieser Zeit täglich von 9 bis 22 Uhr besichtigt werden.

Neben einer Betstunde an Karfreitag um 9 Uhr und der Karfreitagsliturgie, die um 15 Uhr beginnt, singt der Kirchenchor um 18 Uhr historische Grabmusik.

Die Auferstehungsfeier beginnt am Ostersonntag um 5.30 Uhr.

Ab Ostermontag sind nach Anmeldung auch Führungen möglich.

 

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