News Bild Brauchtum in Ostbayern: Schauprozession und „Karfreitagskomoedi“
Brauchtum in Ostbayern: Schauprozession und „Karfreitagskomoedi“

Karfreitagsprozessionen – und warum sie verboten wurden

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Regensburg, 28. März 2024

Sie sind heute so gut wie in Vergessenheit geraten: die Karfreitagsprozessionen. Bis ins 18. Jahrhundert sollten die Passionsspiele am Karfreitag dem einfachen Volk die Leidensgeschichte Jesu bildhaft vor Augen führen.

Bei den oft unheimlichen Prozessionen wurden nicht nur große Bilder und schwere Kreuze mitgetragen. Dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend stellten die Gläubigen den Kreuzweg Christi mit Geißelung und Dornenkrönung zum Teil auch in recht realistischer Weise dar. Vor allem in der Barockzeit entwickelte sich das Passionsspiel in vielen Orten zur „Karfreitagskomoedi“.

Schauprozession in Straubing

Seit sich die Jesuiten in Straubing niedergelassen hatten, gab es hier besonders prunkvolle Prozessionen. Aus dem Jahr 1740 ist dieser Ablauf eines Karfreitagsumzugs überliefert. Er bestand aus insgesamt 7 Bildern. Angeführt wurde der Zug von einem Schutzgeist zu Pferd mit Standarte, gefolgt von Kreuz- und Leuchtenträgern, dann der Organist mit dem Chelium, Isaias und Jeremias mit Schriftrollen in der Hand. Es folgten unzählige Figuren aus dem Alten und Neuen Testament, dazu Soldaten, Reiter und sogar Judith mit dem Haupt des Holofernes begleitete den Zug. Immer wieder folgten Geißler, Dämonen, Teufel und Todesgestalten. Am Ende der Prozession zog der Tod neben dem kreuztragenden Christus durch die Straßen. Den Abschluss bildeten die Mitglieder des „Mariänischen Rates, das Heilige Grab und die Herren Musikanten“.

Blutige Karfreitagsprozession

Nicht selten kam es bei solchen Umzügen zu Ausuferungen. Besonders der verhasste Judas bildete dabei oft einen gruseligen Höhepunkt, wenn er, vom Teufel begleitet, mit heraushängendem Gedärm auf einem Wagen durch die Menschenmenge gezogen wurde. Zu den Darstellern gesellten sich Büßer und Flagellanten, die schwere Kreuze schleppten oder sich selbst geißelten bis das Blut floss. Besonders rabiat ging es den Überlieferungen nach bei der Karfreitagsprozession in Deggendorf zu. So kam es hier im Jahr 1740 während der Prozession zu einer blutigen Rauferei zwischen dem Christusdarsteller und einem „Judt“. Der hatte den „Herrgott“ wohl allzu realistisch gepeinigt, was diesen wiederum zu heftiger Gegenwehr veranlasste. Als sich dann auch noch das Publikum einmischte, war es vorbei mit der „Karfreitagsruhe“. Und zehn Jahre später wurde der „Hauptmann“ dazu verurteilt, dem „Herrgott“ ein Fass Bier zukommen zu lassen, nachdem er ihn bei der Prozession wohl zu hart malträtiert hatte. Noch schlimmer soll es in Landshut zugegangen sein. Hier sei es keine Seltenheit gewesen, dass so mancher Christus unter den Nachwirkungen der ihm zugefügten Misshandlungen kurz nach der Prozession seinen Geist aufgab, ließen böse Zungen verlauten.

Verbot des Spektakels

Bereits 1723 hatte der Bischof von Regensburg ein erstes Verbot der Passionsspiele ausgesprochen, wovon sich das spielfreudige Volk allerdings wenig beeindrucken ließ. Heftige Proteste, unter anderem von Gastwirten und Bierbrauern, waren die Folge. 1763 folgte auf Drängen verschiedener Bischöfe der erste kurbayerische Erlass, wonach „in Zukunft diese an verschiedenen Orten auf offenem Platz vorgestellten Passionstragoedien gänzlich abgeschafft sein sollen und bei den Karfreitagsprozessionen alle Herumbreißung, Sprüche und dergleichen Unformlichkeiten zu unterlassen seien“. Doch es dauerte bis Ende des 18. Jahrhunderts, bis die meisten Karfreitagsprozessionen von den Straßen verschwunden waren.

Text: Judith Kumpfmüller



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