News Bild „Laudate deum“: Papst Franziskus‘ Blick auf die Klimakrise
„Laudate deum“: Papst Franziskus‘ Blick auf die Klimakrise

Warum sich Laudate Deum für alle lohnt

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Bonn, 20. November 2023

„Laudate Deum“ (dt.: „Lobe Gott“) heißt ein neues Schreiben des Papstes der katholischen Kirche. Die Dringlichkeit und der Ernst der aktuellen Weltlage angesichts der fortschreitenden Klimakrise wird hier mit päpstlicher Autorität in deutlichen Worten eingeschärft. Die Lektüre lohnt sich auch für Nichtchristen, die um das Klima besorgt sind.

Papst Franziskus schreibt mit „Laudate Deum“ seine ökosoziale Enzyklika „Laudato si’“ von 2015 genauso fort wie seine zweite Sozialenzyklika „Fratelli tutti“ von 2020. Die markanten Konturen, Kontinuitäten und Schwerpunkte seiner ganz spezifischen Fortentwicklung der Soziallehre der Kirche werden auch in „Laudate Deum“ genauso ansichtig wie die hohe Bedeutung, die der Papst dem Umwelt- und Klimaschutz als einem Herzensanliegen beimisst. Er bekräftigt dabei vor allem seine beiden Kernüberzeugungen, „auf denen ich bis zum Überdruss bestehe: ,Alles ist miteinander verbunden‘ und ,Niemand rettet sich allein‘“ (19).

Nach „Laudato si‘“ ist auch dieses päpstliches Lehrschreiben von einer umfangreichen, mitunter detaillierten Darlegung natur- bzw. klimawissenschaftlicher Erkenntnisse geprägt. Zusammen mit dem Kapitel zur geistlichen Betrachtung der Klimakrise „im Licht des Glaubens“ ist es daher ein mustergültiges Dokument für die katholischerseits stets betonte notwendige Synthese von Glaube und Vernunft, und dies angesichts eines globalen Menschheitsproblems, das die ganze Menschheitsfamilie angeht.

Ein neuer, beunruhigender Ton

„Laudate Deum“ ist von einer anderen, deutlich beunruhigteren Tonalität geprägt als „Laudato si“, die damals beim Menschheitsthema Klima noch „Hope from the Pope“ (so das Editorial der Fachzeitschrift „Nature“) zu vermitteln vermochte. In „Laudate deum“ wird die Dringlichkeit der Umkehr und des Handelns der Weltgemeinschaft noch deutlicher angemahnt: „Aus diesem Grund können wir den enormen Schaden, den wir verursacht haben, nicht mehr aufhalten. Wir kommen bloß noch rechtzeitig, um noch dramatischere Schäden zu vermeiden“ (16). Die Dringlichkeit wird zudem dadurch unterstrichen, dass in dem Dokument konsequent von „Klimakrise“ statt vom „Klimawandel“ die Rede ist.

Die Klimakrise ist das größte Kollektivgutproblem der Menschheit, das es jemals gab. Irreversible Kippprozesse werden die Folge sein, wenn die Weltgemeinschaft nicht umsteuert und den CO2-Ausstoß gemäß dem Abkommen der Pariser Klimakonferenz 2015 bei deutlich unter zwei Grad hält. Auf der letzten Weltklimakonferenz in Sharm el-Sheikh sprach UN-Generalsekretär António Guterres davon, dass wir „auf dem Highway zur Klimahölle mit dem Fuß noch auf dem Gaspedal“ seien. Auch der Papst widmet sich in „Laudate deum“ den Weltklimakonferenzen, erkennt deren Schlüsselrolle an und zeichnet deren bisherige Historie mit ihren Rückschlägen und Erfolgen kritisch nach (44ff.). Dies verbindet er mit einem deutlichen Appell mit Blick auf die anstehende COP28 in Dubai (53ff.). Insofern äußert sich der Papst hier auch eminent (klima-)politisch.

Der Papst verschärft auch seine Kritik am „ökonomisch-technokratischen Paradigma“ als einer Hauptursache der Klimakrise. Mit scharfen Worten bezeichnet er es als eine „Ideologie, der eine Besessenheit zugrunde liegt: Die menschliche Macht über alles Vorstellbare hinaus zu steigern, für die die nicht-menschliche Wirklichkeit nur eine Ressource zu ihren Diensten ist“ (22). Er argumentiert dabei insbesondere machtkritisch, wenn er mahnt, dass die nicht zuletzt durch die Entwicklung der KI weiter wachsende Macht des Menschen, die Natur als Objekt zu verzwecken, einer wirksamen Begrenzung bedürfe: „Wir müssen alle gemeinsam die Frage nach der menschlichen Macht, nach ihrem Sinn und nach ihren Grenzen neu bedenken.“ (28)

Warnung vor Relativierungen

Der Pontifex warnt davor, Klimaschutz als grün und romantisch zu verspotten oder den Klimawandel gar noch immer zu relativieren – das sind irrige Auffassungen, mithin Irrlehren, die er auch innerhalb der Kirche wahrnimmt (14). Der geschuldete Gehorsam gegenüber dem päpstlichen Lehramt hat sich demnach auch in einer Anerkennung der Zentralität der Bewältigung der Klimakrise auszudrücken.

Nach „Laudato si’“ und „Fratelli tutti“ ist auch „Laudate deum“ stark vom heiligen Franz von Assisi inspiriert, dem Schutzpatron des Umweltschutzes, der Ökologie und der Armen. Das Herzblut, das der Papst in dieses Schreiben legt, zeigt sich somit auch im Zeitpunkt der Veröffentlichung am 4. Oktober 2023 als dem Festtag des heiligen Franz von Assisi.

Der Mensch wird christlicherseits klassischerweise als „Krone der Schöpfung“ gedeutet. Die jüdisch-christliche Vorrangstellung des Menschen als Gottes Ebenbild „inmitten des wunderbaren Konzerts aller Lebewesen“ könne angesichts der Klimakrise jedoch nur einen „situierten Anthropozentrismus“ (67) zulassen. Damit bettet Papst Franziskus die christlich-biblische Anthropologie noch stärker in das gesamte Beziehungsgefüge der Schöpfung ein.

Als ein Beitrag zur Lösung des Klimaproblems stellt der Papst nicht zuletzt drei zentrale Leitkriterien für „verbindliche Formen der Energiewende“ auf, die für die Politik, die Kirche und die Weltgemeinschaft relevant sind: „dass sie effizient sind, dass sie verpflichtend sind und dass sie leicht überwacht werden können. Damit soll erreicht werden, dass ein neuer Prozess eingeleitet wird, der drastisch und intensiv ist und auf das Engagement aller zählen kann.“ (59)

Es geht dem Pontifex insgesamt darum, den gefährlichen Ausmaßen des Klimawandels und der Zerstörung der Biodiversität Einhalt zu gebieten. Es geht dabei auch um die Menschen und somit darum, unser aller Zukunft auf einem lebenswerten Planeten zu sichern, der freilich nie die heile Welt sein wird, die es jenseits von Eden nicht geben wird.

Text: Lars Schäfers/f1rstlife

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