News Bild Vortragsabend über Äbtissin Maria Anna Benedicta von Spiegel OSB
Vortragsabend über Äbtissin Maria Anna Benedicta von Spiegel OSB

Katholischer Widerstand gegen Naziregime

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Regensburg, 14. November 2023

„Der Publizist Fritz Gerlich ist in Regensburg kein Unbekannter, nach ihm wurde im Stadtteil Innerer Westen eine Straße benannt und dort auch auf Initiative von Bischof Rudolf Voderholzer im Jahre 2015 eine Bronzeplastik aufgestellt“, so eröffnete Prof. Dr. Sigmund Bonk am Dienstagabend einen Vortrag im Diözesanzentrum Obermünster in Regensburg. Damit führte er die zahlreich erschienenen Gäste hin zum Thema des Abends: „Der Eichstätter Freundeskreis um Fritz Gerlich im katholischen Widerstand“. Dazu eingeladen hatte die Katholische Erwachsenenbildung der Stadt Regensburg (KEB) und das Akademische Forum Albertus Magnus, dessen Direktor er ist. Die Referentin des Abends, die aus Paderborn angereiste Publizistin Dr. Gerlinde Gräfin von Westphalen, richtete in diesem Freundeskreis besonders den Blick auf eine Ordensfrau, die in dieser bewegten Zeit auf unterschiedliche Art und Weise dem Nationalsozialismus die Stirn bot: Äbtissin Maria Anna Benedicta von Spiegel (1874-1950), 57. Äbtissin des Benediktinerinnen-Klosters St. Walburg in Eichstätt. Dem detailreichen Vortrag schloss sich eine angeregte Diskussion an, die von Roland Preußl, dem Geschäftsführenden Leiter der KEB Stadt Regensburg moderiert wurde.

Von Ostwestphalen nach Oberbayern

Als Elisabeth Freiin Spiegel von und zu Peckelsheim wurde sie am 31. Januar 1874 auf Rittergut Helmern in Helmern bei Höxter, im heutigen Nordrhein-Westphalen geboren, wuchs mit sieben Geschwistern auf und erhielt eine fundierte Schulbildung durch den Vater und Hauslehrer. Auf einer Romreise entschied sie sich mit 24 Jahren ins Kloster einzutreten, was sie dann auch 1900 bei den Benediktinerinnen von Maredret in Belgien tat, sie erhielt den Ordensnamen Maria Anna Benedicta. Nach einem kurzen Intermezzo in der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard in Eibingen übertrug sie ihr Ordensgelübde 1918 auf die Benediktinerinnen-Abtei St. Walburg im oberbayerischen Eichstätt. Der klugen und vielseitig gebildeten Ordensfrau wurden bald verschiedene Aufgaben anvertraut: Assistentin der Äbtissin, Priorin und Novizenmeisterin. Im Jahre 1926 wurde sie dann zur 57. Äbtissin der Benediktinerinnen-Abtei St. Walburg gewählt, eine Aufgabe, die sie bis zu ihrem Tod am 17. Februar 1950 in Eichstätt äußerst gewissenhaft und engagiert ausübte.

Prof. Dr. Sigmund Bonk, Direktor des Akademischen Forum Albertus Magnus, führte in die Veranstaltung ein und stellte die Referentin, Dr. Gerlinde Gräfin von Westphalen, vor.

„Eine ausgezeichnete Ordensfrau“

In ihrem Buch „Lady Abbess – Benedicta von Spiegel, Politische Ordensfrau in der NS-Zeit“ (Aschendorff-Verlag) dokumentiert Dr. Gerlinde Gräfin von Westphalen minutiös das bewegte Leben der Tochter aus dem Paderborner Stiftsadel. Sie förderte die Kunst und das Kunsthandwerk in der Abtei, setzte sich für die Schulbildung ein, gründete Klöster in den USA sowie England und setzte sich in Geheimverhandlungen mit den Alliierten für die kampflose Übergabe Eichstätts ein, was ihr die Stadt mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde dankte. Nicht zuletzt war sie eine entschiedene Gegnerin des Nationalsozialismus, dessen menschenverachtende Ideologie sie aus ihrem tiefen katholischen Glauben heraus nicht akzeptieren konnte. Diesen Widerstand praktizierte sie nicht alleine, sondern mit dem sogenannten "Eichstätter Freundeskreis".

Äbtissin Benedicta: Eine Ordensfrau im Widerstand.

Der "Eichstätter Freundeskreis"

In der Widerstandsforschung, so Gräfin Westphalen, werde der katholische Widerstand oft stark vernachlässigt. Dazu gehöre auch der Kreis unterschiedlicher Personen, der sich im oberbayerischen Eichstätt zusammenfand. Es war dies neben der Äbtissin Benedicta u.a. der Journalist Fritz Gerlich (1883-1934), der Kapuziner-Pater Ingbert Naab (1885-1935), der Theologie-Professor Dr. Franz Xaver Wutz (1882-1938), der engagierte Weltchrist Erich Fürst zu Waldburg-Zeil (1899–1953) und die Oberpfälzer Mystikerin Therese Neumann (1898-1962). Die im christlichen Glauben verankerte Würde des Menschen, und die daraus resultierende Ablehnung eines jeden Extremismus´ von rechts oder links, war Grundlage ihrer vielfältigen Aktivitäten. Die Zeitschrift „Der gerade Weg“ war eines der Hauptwerkzeuge ihres Widerstandes, aber auch Flugblätter im In- und Ausland, die die nationalsozialistische Propaganda und Ideologie entlarvten. Äbtissin Benedicta versteckte politisch Verfolgte im Kloster, besuchte KZ-Häftlinge und unterstützte die Katholische Mädchengruppe „Weiße Rose“, die deutschlandweit 20.000 Mitglieder hatte und einen Gegenpol zum BDM darstellte. Auch der gewaltsame Tod von Fritz Gerlich 1934 im KZ Dachau und die Flucht von Pater Ingbert durch mehrere europäische Staaten schwächten den Willen der Gruppe zum Widerstand nicht. Bis zum Ende der NS-Schreckensherrschaft blieb ihr Wirken unerkannt, was sicher auch daran lag, dass Äbtissin Benedicta so wenige ihrer Mitschwestern in die Aktivitäten einweihte wie möglich. Blieb sie auch Zeit ihres Lebens mit der Familie eng verbunden, so spaltete der Nationalsozialismus doch ihre weitverzweigte Familie in Gegner und Befürworter. Ihr Klostereintritt war gegen den Willen der Familie geschehen, doch Äbtissin Maria Anna Benedicta von Spiegel OSB folgte ihrer Berufung. Ihr Widerstand war engagiert und bedacht, „zwischen Verhandeln und Verweigern, Zugeständnis und Resistenz, Öffnen und Verbergen“ (Gerlinde Gräfin von Westphalen in Lady Abbess, Seite 12).

Text und Bilder: Carl B. Prämaßing
(jas)



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