News Bild Grußwort von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer zum 79. Jahrestag der Befreiung des KZ Flossenbürg
Grußwort von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer zum 79. Jahrestag der Befreiung des KZ Flossenbürg

Euer Tod mahnt uns, den Hass zu bekämpfen!

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Regensburg, 21. April 2024

Beim Festakt zum 79. Jahrestag der Befreiung des KZ Flossenbürg, der am 21. April stattfand, hat Prof. Christoph Binninger, Ökumenebeauftragter des Bistums, im Namen von Bischof Rudolf Voderholzer ein Grußwort verlesen, welches Sie hier im Wortlaut nachlesen können.


Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

ein unbekannter Häftling des KZ Auschwitz hinterließ folgende Zeilen uns zur Mahnung:

„Vergesst uns nicht, wenn wir auch nimmer wiederkehren,

wenn, wo wir starben, kein Holzkreuz steht,

und, wenn von all dem Leid, das wir getragen,

kein Laut noch und kein Stöhnen aus den Gruben weht.

Vergesst uns nicht, wenn auch die Tage wandern und die Jahre,

wenn Blumen blühen, wo der Tod gesät,

und wenn dereinst auf unserem Feld der Tränen

der Schnitter wieder reifes Korn mäht:

Auch dann: Vergesst uns nicht!“

Diesem Wunsch, diesem Flehen der Toten kommen wir heute in dieser Kapelle nach, die aus Häftlings Hand errichtet wurde.

Und so wende ich mich als Bischof an Euch, die Toten von Flossenbürg:

Wir haben Euch, Euer Leid nicht vergessen! Unser Gebet für Euch und alle Eure Angehörigen soll auch heute an dieser Stelle erklingen! Ihr, die Ihr in der Erde von Flossenbürg ruht, seid und bleibt unsere Schwestern und Brüder im Herrn, geschaffen aus seiner Hand zum Leben in Frieden. Von ihm seid ihr geliebt - jeder von Euch. So wie es im Psalm 139, 13.15-16 heißt: „Denn du [Gott] hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoße meiner Mutter… Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren deine Glieder dir nicht verborgen. Deine Augen sahen, wie ich entstand…“

Dann aber wurdet Ihr von Menschen aus dem Leben gerissen, die Freude und Genugtuung daran fanden, Euch, die Unschuldigen, zu hassen. Hier im KZ Flossenbürg wurdet Ihr gequält, geschunden - ermordet von Menschen, die zuvor versuchten, Gott in sich zu töten.

Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche formuliert dies in seinem Werk „Die Fröhliche Wissenschaft“ in der Figur des „tollen Menschen“: „Wohin ist Gott? Ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet. Wir alle sind seine Mörder…. Was taten wir, als wir die Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Gibt es noch ein Oben und Unten? Irren wir nicht durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Wie trösten wir uns, die größten aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt besaß, ist unter unseren Messern verblutet- wer wischt dieses Blut von uns ab?“

Diese Mörder haben zwar in Wirklichkeit nicht Gott getötet, obwohl sie dies vermeinten. Sie haben aber ihr eigenes Herz getötet und an seine Stelle einen eiskalten Stein gesetzt. Das waren die Mörder von Flossenbürg. Sie schufen hier einen Ort des Hasses - auf Gott, auf die Menschen - auf sich selbst. Ihre Welt versank in Barbarei und Tod…

Unendliches Leid brachten sie über die Menschen. Der Tod und der Hass verbrüderten sich an diesem Ort, um einen Strudel des schwarzen Nichts zu gebären.

So rufen die Gemarterten, die Ermordeten in der „Todesfuge“ von Paul Celan:

„Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts,

wir trinken dich mittags,

der Tod ist ein Meister aus Deutschland, wir trinken dich abends und morgens,

wir trinken und trinken,

der Tod ist ein Meister aus Deutschland, sein Auge ist blau,

er trifft dich mit bleierner Kugel, er trifft dich genau,

ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete

er hetzt seine Rüden auf uns und er schenkt

uns ein Grab in der Luft

er spielt mit den Schlangen und träumet

der Tod ist ein Meister aus

Deutschland.“

Nein, Ihr Toten von Flossenbürg, wir vergessen Euch nicht! Euer Tod mahnt uns, den Hass zu bekämpfen: immer – überall - gelegen oder ungelegen. Hass ist die schlimmste Geißel der Menschheit. Hass macht kalt, tötet das Herz! Hass gebiert Leichenberge!

Wegschauen ist daher Verrat am Menschen - Verrat an Gott!

Wahren wir das Recht auf Leben! Vom Anfang bis zum Ende hat der Mensch eine unveräußerliche Würde, die Gott ihm geschenkt hat.

Mit Entsetzen und Abscheu müssen wir auch heute wieder miterleben, wie die islamistische Diktatur der Mullahs und ihre Mörderbanden im Nahen Osten als Staatsziel die Vernichtung Israels feiern. Sie streben die Auslöschung des jüdischen Volkes an. Das ist so ungeheuerlich, so hasserfüllt, dass es einem den Atem nimmt. Ein neuer Holocaust an unserem jüdischen Brudervolk wird geplant! 79 Jahre nach Auschwitz und Flossenbürg! Das dürfen wir nicht zulassen.

Lasst uns daher alle Ideologien, die Hass säen, von ganzem Herzen verabscheuen und bekämpfen. Das ist die Aufgabe, die alle Menschen guten Willens verbindet. Das ist die Aufgabe der Menschheitsfamilie - eine Aufgabe, die uns die Toten von Flossenbürg in unsere Herzen gelegt haben.

Für diesen Kampf gegen das Böse in der Welt stärke uns der Dreieine und gute Gott,

der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.

Ihr Mitbruder im Herrn

Rudolf Voderholzer

Bischof von Regensburg


(kw)

 

 

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