News Bild Woche für das Leben 2019 – Filmgottesdienst spricht über Suizidprävention

Woche für das Leben 2019 – Filmgottesdienst spricht über Suizidprävention

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"Wie erklärt man einem suizidgefährdeten Menschen, dass das Leben sinnvoll ist?", fragte jemand aus dem Publikum bei der Gesprächsrunde nach dem Filmgottesdienst. In der Neupfarrkirche kamen am vergangenen Samstagabend im Gottesdienst und der anschließenden Gesprächsrunde alle zusammen, die sich mit dem Thema Suizid schon einmal konfrontiert sahen. Bei der Telefonseelsorge, der Caritas und der Diakonie stehen jederzeit ausgebildete Gesprächspartner bereit, um suizidgefährdeten Menschen zu helfen. Doch wie soll jemand ohne fachliche Ausbildung mit einem Suizidalen am besten umgehen?

 

25. Jubiläum feiern

Schon seit 25 Jahren gibt es die ökumenische "Woche für das Leben", in der es um den Schutz des Lebens geht. Beim diesjährigen Jubiläum mit dem Titel "Leben schützen. Menschen begleiten. Suizide verhindern" steht die Suizidprävention im Mittelpunkt. Und das ist wichtig, schließlich gibt es noch immer jedes Jahr rund 10.000 Menschen in Deutschland, die ihr Leben beenden.

Darüber sprechen hilft

"Wir zeigen zwei Filmausschnitte von ´Ein Mann namens Ove´". Es ist unsere Art nicht so ernst, sondern eher locker an das Thema Suizidprävention heranzugehen", erzählt Dekan Eckhard Herrmann über den ökumenischen Filmgottesdienst. Die Idee dazu stammt von Pfarrer Christoph Seidl, der zusammen mit Thomas Kroll von der katholischen Filmkommission das Ganze geplant hat. "Ich finde es wichtig, dass das Thema von der Kirche aufgegriffen wird", erklärt Josef Stautner von der Telefonseelsorge, "wenn man darüber spricht, als wäre es ein alltägliches Thema, was es für viele Suizidale auch ist, dann trauen sich die Leute viel eher auf jemanden zuzutreten."  "Ein Mann namens Ove" befasst sich zwar mit einer ernsten Thematik, allerdings ist der Film auf humorvolle Art aufgezogen. Es geht um den schon älteren Mann Ove, der sich das Leben nehmen will, aber, so oft und unterschiedlich er es auch versucht, es will ihm einfach nicht gelingen. Jedes Mal kommt etwas dazwischen, wie ein Strick, der reißt, als er sich damit erhängen will. Erst durch eine Nachbarin und ihre drei Kinder, mit denen er immer wieder zu tun hat, schafft er es schließlich über den Berg.

Auch in der an den Gottesdienst anschließenden Gesprächsrunde, an der alle Interessierten teilnehmen konnten, wurde ein weiterer Filmausschnitt gezeigt: In "Flying Scotsman" ist der Fahrrad-Rennfahrer Graeme Obree dazu gezwungen, seine Karriere niederzulegen. Seither arbeitet er als Fahrrad-Kurier und will sein Leben beenden. Ein Seelsorger versucht ihm seinen Glauben an sich selbst wiederzugeben. Am Ende gelingt Obree ein Comeback und wird erneut berühmt.

 

Gebet unterstützt die Hilfeleistung

Laut Dekan Herrmann seien drei Punkte besonders wichtig bei der Suizidprävention. Erstens: Dass man auf Zeichen der Veränderung achtet, denn Suizidale senden Signale. Auch solle man den Betroffenen immer wieder einbinden, so wie auch bei Ove, der im Film von seiner Nachbarin gebraucht wird, um sie und ihre Kinder ins Krankenhaus zu fahren. Außerdem solle man denjenigen auch direkt auf sein Vorhaben ansprechen: "Ich habe gelernt, dass sich vom Ansprechen noch nie jemand das Leben genommen hat. Das Ansprechen nimmt dem Ganzen den zerstörerischen Raum." Drittens seien Beratung und Begleitung wichtig. Es gebe viele Beratungsstellen in Regensburg, wie die Telefonseelsorge, nur leider seien sie noch zu wenig bekannt. Herrmann wies darauf hin: "Das Gebet hilft, ist aber kein Ersatz für eine Hilfeleistung. Es begleitet die Hilfeleistung."

Zuhören und Verständnis zeigen

Nach dem Gottesdienst ging es mit einer Gesprächsrunde weiter, bei der die drei geladenen Fachkräfte von der Seelsorge, Stautner, Reindlmeier und Heller, die Fragen aus dem Publikum beantworteten. Es zeigte sich, dass Zuhören und Verständnis der Schlüssel sind, um an einen Suizidalen heranzukommen: "Es ist einfach eine große Erleichterung zu wissen, da ist jemand, der mir zuhört, und nicht mit dem erhobenen Zeigefinger dasteht", erklärt Pfarrer Wolfgang Reindlmeier vom Bezirksklinikum Regensburg. Aber wie erklärt man am besten, dass das Leben sinnvoll und lebenswert ist? "Da ist erstmal nur große Verzweiflung und Sinnlosigkeit. Es geht darum, die Hilflosigkeit zusammen auszuhalten. Das tut demjenigen gut und das ist auch besser, als über Sinnperspektiven zu reden, die er gerade gar nicht nachfühlen kann", so Reindlmeier.

 

Im Extremfall gegen den Willen

Es ist ganz klar, dass jeder das Recht hat seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Aber heißt das auch, es darf überhaupt nicht gegen den Willen von einem Suizidgefährdeten gehandelt werden? Und wenn man gegen seinen Willen handelt, dann könnte es auch sein, dass derjenige nie wieder mit einem redet, weil er sich hintergangen fühlt. "Wenn jemand tot ist, dann kann er auch nicht mehr beleidigt sein", bringt es Psychotherapeutin Elfriede Heller auf den Punkt. Natürlich müsse man immer abwägen, doch wenn jemand bereits konkrete Vorstellungen für seinen Suizid habe, dann sei es höchste Zeit zu handeln, mit ihm zusammen zum BKH zu fahren oder in Extremfällen die 110 zu wählen.

 

Ernst nehmen statt schnell trösten

Josef Stautner von der Telefonseelsorge würde sich wünschen, dass die Menschen mehr füreinander da sind: "Jedes Jahr rufen 12.000 Menschen bei uns an, denen wir versuchen zu helfen. Die Menschen müssen mit einem offenen Ohr einander zuhören, so wie es auch schon im Film vorhin angeklungen ist. Statt mit schnellem Trost über die Probleme anderer einfach hinwegzugehen, müssen sie deren Anliegen ernst nehmen. Nur dann können sie einen Suizidalen aus der Verengung herausführen und ihm den weiten Blick nach vorne zeigen."



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